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978-3-86331-301-2
Fremdenfeinde & Wutbürger
Verliert die demokratische Gesellschaft ihre Mitte?

In Westeuropa äußern Bürger auf der einen Seite ihren Unmut darüber, von den Politikern nicht ernst genug genommen zu werden, nicht genug zur Teilhabe an politischen Entscheidungen befähigt zu werden. Sie haben eine eurokritische Haltung eingenommen und sehnen sich den Nationalstaat mit seinen überschaubaren Grenzen, seinem Volkstum und seiner Selbstbezogenheit zurück. Sie hegen Groll gegen ‚die da oben‘, während sie sich selbst in der Gruppe ‚der Unteren‘ sehen, die nicht an der Macht sind, nicht die richtigen politischen Repräsentanten haben und die Last der Entscheidungen zu tragen hätten. Auf der anderen Seite stehen Bürger, die den Standpunkt einnehmen, dass die gesellschaftspolitischen Entwicklungen und Herausforderungen nur in einem geeinten Europa, einer offenen, vielfältigen Gesellschaft bewältigt werden könnten. ...

978-3-95565-169-5
Frühe Novemberpogrome 1938 und das erste Opfer Robert Weinstein

In seinem neuesten Buch bündelt Kurt Schilde seine bisherigen Forschungen und Veröffentlichungen zum Novemberpogrom im hessischen Felsberg. Noch bevor Propagandaminister Joseph Goebbels aus München das Signal zum Start reichsweiter Ausschreitungen gegen Juden, ihre Wohnungen und ihre Geschäfte gab, hatte sich in dem kleinen Ort Felsberg eine Horde aus SA-Männern, Hitler-Jungen und ‚ganz normalen‘ Einwohnern zusammengefunden, die ihre jüdischen Nachbarn heimsuchten, verprügelten und durch die Straßen hetzte. Darunter war auch der früher geachtete Robert Weinstein, dem das ehedem führende Textilgeschäft am Ort gehört hatte. Der kranke und ohnehin schon geschwächte Weinstein wurde unter Gewalt aus dem Haus gezerrt und starb wenige Minuten später an Herzversagen. Er war das erste Todesopfer der Reichskristallnacht. ...

978-3-86674-527-8
Majdanek
Ein früher Zeitzeugenbericht vom Todeslager

Die Befreiung Majdaneks im Juli 1944 – der Krieg und das Leiden in vielen anderen Lagern sollte noch fast ein Jahr dauern – machte Schlagzeilen auf der ganzen Welt. Viele bisherige Skeptiker und Zweifler begannen nun, die verbrecherischen Abgründe der NS-Herrschaft zu ahnen, begreifen aber konnten es die wenigstens, sogar nicht (oder schon gar nicht) die überlebenden Opfer selbst. Manchen verschlossen die erlittene Gewalt, der Verlust vieler Familienmitglieder, die Demütigungen und vieles mehr den Mund – sie konnten oder sie wollten nicht darüber sprechen. Andere hingegen verspürten einen fast überwältigenden Zeugnisdruck, dem sie Ausdruck verleihen mussten.

So auch Mordechai Strigler, dessen Zeugnis über einen mehrwöchigen Aufenthalt in Majdanek nun endlich auf Deutsch vorliegt. ...

978-3-86331-312-8
Der Beginn des Untergangs
Die Zerstörung der jüdischen Gemeinden in Polen und das Vermächtnis des Wilnaer Komitees

In den letzten Jahren hat sich die Forschung vermehrt den frühen Dokumentations- und Publikationsbemühungen zum Holocaust zugewandt – angefangen bei den Untergrundarchiven oder offiziellen Archiven in Gettos wie Warschau, Wilna, Białystok oder Lodz bis hin zu den zahlreichen, nach dem Krieg entstandenen Jüdischen Historischen Kommissionen in den befreiten Ländern Europas. Auch eine ganze Reihe der in diesen Kontexten entstandenen Publikationen sind wieder oder erstmals zugänglich gemacht worden. Das Buch von Miriam Schulz über die Arbeit des Wilnaer Komitees 1939/40 bereichert diesen Forschungstrend nicht nur erheblich, sie schließt eine große Lücke, indem sie das Bindeglied zwischen den Vorkriegsaktivitäten des Wilnaer YIVO-Instituts zu den Untergrundarchiven der Gettos ...

978-3-86854-302-5
Verhängnisvoller Wandel
Ansichten aus der Provinz 1933-1949. Die Fotosammlung Biella

Die beiden Hamburger Wehrmachtausstellungen und ihre Diskussion und der sogenannte visual turn haben die Zeitgeschichtsschreibung um eine wichtige mediale Dimension erweitert und vertieft, die Bildgeschichte. Seitdem sind eine Reihe interessanter und neuer Bildbestände erschlossen und sehr gut aufgearbeitet worden, mit großem Gewinn für das ‚Bild‘ vom 20. Jahrhundert insgesamt. Mit dem vorliegenden Band haben Herausgeber Thomas Medicus sowie die Autorinnen und Autoren nun Alltag und Inszenierung des NS-Regimes in der Provinz in einer gewinnbringenden Art freigelegt und analysiert.

Es war der Fund eines umfangreichen lokalen Fotobestands, der den Anlass zu dem Band gab. ...

978-3-95510-094-0
Hitlers Inselwahn
Die britischen Kanalinseln unter deutscher Besetzung 1940-1945

Teju Cole, der amerikanische Kulturwissenschaftler mit Blick für das Große, sagte einmal bei einer Lesung, dass er keine Rezensionen schreibe, in denen er nur das Buch danach bewerte, ob es gut und informativ oder das Gegenteil sei. Viel wichtiger sei ihm die Geschichte hinter dem Buch, was es widerspiegelt und welche kulturellen Strömungen in ihm sichtbar werden.

Eine klassische Rezension zu John Nettles Aufarbeitung der fünf Jahre währenden deutschen Besatzung der Kanalinseln Guernsey, Jersey, Sark und Aldernay wäre – würde man Teju Coles Ansatz nicht heranziehen – schnell geschrieben. Zu eindeutig ignoriert Nettles in dem Buch akademische Standards: Zitate werden grundsätzlich nicht belegt und auf 334 Textseiten kommen lediglich 111 Endnoten, die sich dann hauptsächlich auf inhaltliche Aspekte beschränken ...

978-3-10-075140-9
Der deutsche Krieg
1939 - 1945

An Büchern über den Zweiten Weltkrieg, so mag man meinen, mangelt es weiß Gott nicht. Neben den unzähligen Spezialstudien sind inzwischen auch die Gesamtdarstellungen nur schwer überschaubar. Der umfangreichen Bibliothek über den Zweiten Weltkrieg fügt Nicholas Steingardt nun ein weiteres, über 800 Seiten starkes Werk hinzu. Er selbst scheint einen gewissen Rechtfertigungsdruck gespürt zu haben, begegnet dem in der Einleitung leider aber mit unnötigen (und falschen) Zuspitzungen. So macht er beispielsweise eine bis in die Gegenwart andauernde „tiefe Spaltung“ (S. 16) in der Beurteilung der Deutschen jener Zeit aus: „Deutsche gelten weiterhin entweder als Opfer oder als Täter“ (ebd.) – Grautöne, differenzierte Wahrnehmungen und Folgerungen, das wird deutlich, soll sein Buch (erstmals) bieten ...

978-3-89735-969-7
Vater unser
Eine Sintifamilie erzählt

Der schmale Band Anita Awosusis umfasst gleich zwei Bücher in einem. Zum einen erzählt sie die Lebensgeschichte ihres Vaters, des Geigenbauers Hermann Weiß, und zum anderen berichtet Anita Awosusi von ihrem eigenen Weg in Nachkriegsdeutschland. Ausgangspunkt und Grundlage waren – wie häufig bei Zeugnissen von Sinti und Roma – mündliche Erzählungen von Hermann Weiß über seine Verfolgung und Deportation. Er legte nicht leichten Herzens Zeugnis ab, sondern es bedurfte einiger Überzeugungsarbeit – die freilich schließlich mit einer ebenso interessanten wie aufschlussreichen Lebenserzählung belohnt wurde.

Hermann Weiß wurde 1925 geboren und wuchs in Karlsruhe als Sohn des Geigenbauers Michael Weiß auf. Über die frühen Jahre weiß Awosusi nicht viel zu berichten; ...

978-3-8260-5639-0
Sprachkritik als Ideologiekritik
Studien zu Adornos Jargon der Eigentlichkeit

Ungeteilte Bewunderung oder auch nur vorbehaltlose Zustimmung wird dem einstmals enorm einflussreichen Theodor W. Adorno kaum mehr zuteil. Es sind kritische Stimmen, die heute den Ton angeben. Adornos Denken gilt ebenso wie das Programm der von ihm mitbegründeten Frankfurter Schule weithin als obsolet; allenfalls sein Schüler Habermas, der sich freilich rasch von ihm emanzipierte, mag noch über eine Gefolgschaft verfügen, die ihm bedingungslos die Treue hält. Nicht einmal die Frage, ob Adorno ein kanonischer Autor sei, wird man uneingeschränkt bejahen dürfen. Die Herausgeber der Publikation – es handelt sich um zwei junge Nachwuchswissenschaftler – sind angetreten, der vielfach von Missverständnissen, auch von Ressentiments belasteten Rezeption Adornos neuen Auftrieb zu verleihen und den Nachweis zu führen, dass sein Denken ungebrochene Aktualität besitzt. ...

978-3-487-15343-8
Einheitliche und einfache deutsche Orthografie
Die Geschichte einer (über)nationalen Idee 1870 bis 1970

Das Thema „Rechtschreibung“ ist nur scheinbar ein sprachwissenschaftliches, auch wenn es in mehreren linguistischen Teildisziplinen Platz findet. Ganz besonders zeichnet sich dieses Thema dadurch aus, dass es zu diskursanalytischen, politischen und historischen Zugängen einlädt.

Der Werdegang der germanistischen Linguistin Hiltraud Strunk erweckt zwar die Erwartung, dass in ihrem Buch „Einheitliche und einfache deutsche Orthografie“ die sprachwissenschaftlichen und vielleicht auch didaktischen Aspekte im Vordergrund stehen werden. Dies ist allerdings nicht der Fall, da diese zugunsten der historisch-dokumentarischen Perspektive in den Hintergrund treten. ...