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Hofmannsthals Sprachgeschichte
Hofmannsthals Sprachgeschichte
Linguistisch-literarische Studien zur lyrischen Stimme

Tobias Heinz‘ Untersuchung vom Jahre 2009 ist ein Plädoyer für eine Germanistik, in der literatur- und sprachwissenschaftliche Erkenntnisinteressen gleichrangig nebeneinander stehen und fruchtbar aufeinander bezogen werden. Sie soll daher auch hier – zumal sie nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat – kurz gewürdigt werden. Die Wahl des Themas dieser Braunschweiger Dissertation muss kaum eigens begründet werden. Hugo von Hofmannsthal ist neben Fritz Mauthner und Karl Kraus eine der Schlüsselgestalten der sogenannten Sprachkrise um 1900, deren Interpretation sowohl Sprach- als auch Literaturwissenschaftler – von Peter von Polenz bis Helmuth Kiesel – wiederholt beschäftigt hat. Die „Sprachkrise“ ist, mit unterschiedlichen Akzentuierungen, ebenso Teil der Geschichte der deutschen Sprache im 19. und 20. Jahrhundert wie der Geschichte der literarischen Moderne. (...)

Deutsche Philologie an den preussischen Universitaeten
Deutsche Philologie an den preußischen Universitäten im 19. Jahrhundert
Dokumente zum Institutionalisierungsprozess

Uwe Meves hat eine Sammlung meist bislang unveröffentlichter fachgeschichtlicher Quellen herausgegeben, die den Institutionalisierungsprozess der Disziplin „Deutsche Philologie“ im 19. Jahrhundert dokumentieren. Dieser Prozess ist in groben Zügen bekannt, die Entwicklung des Faches steht in enger Verbindung mit der Entwicklung eines nationalstaatlichen Denkens im 19. Jahrhundert. Die von Uwe Meves vorgestellten und erschlossenen Dokumente der preußischen Universitäten machen aber deutlich, dass es sich dabei in erster Linie keineswegs um einen „nationalen Triumphzug“ gehandelt hat. „Die im Entstehen begriffene Disziplin Deutsche Philologie gewann an den Universitäten nur langsam an Boden, ihre Etablierung erstreckte sich über mehrere Jahrzehnte, nahm keinen kontinuierlichen Verlauf, stellte keinen nationalen Triumphzug dar und erfolgte an den einzelnen deutschen Universitäten wie auch in Preußen zeitlich stark versetzt“ (S. XI).

Fahrner Werke
Rudolf Fahrner. Gesammelte Werke in zwei Bänden
Band 1: Dichtung und Deutung. Band 2: Erinnerungen und Dokumente.

Da die bereits im Jahre 2008 erschiene Ausgabe der „Gesammelten Werke“ des Germanisten und Schriftstellers Rudolf Fahrner offensichtlich bisher noch nicht die Beachtung gefunden hat, die sie verdient, soll an dieser Stelle – kurz nach Fahrners 110. Geburtstag – noch einmal auf sie hingewiesen werden.

Da Rudolf Fahrners literarische und wissenschaftliche Texte bisher fast unzugänglich waren, schafft die Werkausgabe nun erstmals, zumindest für den Teil seiner nicht-monographischen Schriften, willkommene Abhilfe. Sie erschließt eine Persönlichkeit, die wie wenige andere Wissenschaftler in eigenen Dichtungen wie in den Deutungen Meister Eckharts, Goethes, Hölderlins, Hofmannsthals oder Stefan Georges stets von der Sprache der Kunstwerke ausgehen. Zu den „Dichtungen und Deutungen“ des ersten Bandes treten biographische „Erinnerungen“ und „Dokumente“, etwa Briefe, Auszüge aus Hochschulreden und Vorlesungen im zweiten Band der Werkausgabe. Zwar findet Rudolf Fahrner in Manfred Riedels viel beachtetem Buch „Geheimes Deutschland. Stefan George und die Brüder Stauffenberg“ vom Jahre 2006 an einigen Stellen Erwähnung. Und auch in Herbert Ammons Besprechung, „Vom Geist Georges zur Tat Stauffenbergs – Manfred Riedels Rettung des Reiches“ (http://www.iablis.de/iablis_t/2007/ammonrez07.html) spielt Fahrner eine gewisse Rolle: „In der Art und Weise, wie er [Riedel] jegliche Kritik an George abweist, die edle Geisteswelt des »Meisters« vom »Proto-Nazismus« der Münchner »Kosmiker« um Alfred Schuler und Ludwig Klages – denen George und Karl Wolfskehl zugehört hatten – scheidet, macht es sich Riedel zu leicht. (...)

Germanoslavica
Peter Härtling. Germanoslavica
Zeitschrift für germano-slawische Studien. Heft 2/2012 (23. Jahrgang)

Nach dem Mühlberger–Heft von 2009 erscheint nun eine weitere monothematische Ausgabe der Germanioslavica, dem aus Chemnitz stammenden, in Mörfelden lebenden Peter Härtling gewidmet. Sowohl für polythematische Hefte als auch für solche, die das Schaffen nur eines Autors beleuchten, lassen sich Argumente finden. Wenn die Redaktion sich für ein „Sowohl-als-Auch“ bei Präferenz der „bunten“ Hefte entscheidet, ist das sicherlich ein vernünftiger Kompromiss. Die acht Aufsätze sind aus Vorträgen eines internationalen Symposiums in Göteborg 2011 entstanden, das die dortige Universität und das Slawische Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik gemeinsam ausgerichtet haben. Sie berühren unterschiedliche, bei weitem aber nicht alle Aspekte von Härtlings Œuvre.

Wer einmal gestorben ist
‚Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh‘.
Eine Überlebensgeschichte

Wieder einmal hat der Autor auf seine Bestimmung reagiert und in einem zweiwöchigen Interview Antwort gegeben auf Erlebnisse in Österreich und Konzentrationslagern, so wie er auf seine damalige Bestimmung reagiert hatte, nur mehr eine „erniedrigende Haft und nicht lange überleben“ (123) zu sollen. Das erzählte Ergebnis macht die exorbitante Stärke von Schwächen, vor allem jene nicht nein sagen zu können (etwa Verlockungen von Frauen und Moden, gleichfalls bei Hilfeersuchen anderer; Feingold wurde der Vorsitzende der Isrealitischen Kultusgemeinschaft Salzburgs) offenkundig, gegenüber einer Herrschaft die ja zu sagen verstand nur in vernichtender Verneinung: Auf Feingold wirkte die permanente Existenzbedrohung als Elixier zu überleben.

Mein liebes Ilsekind
«Mein liebes Ilsekind» Mit dem Kindertransport nach Schweden — Briefe an eine gerettete Tochter.

„Hier will ich Dir nur hauptsächlich das schreiben, was ich Dir sonst nicht schreiben kann“ (S. 120) — so Gertrud Reifeisen in einem ihrer Briefe an ihre Tochter Ilse, die im Dezember 1939 im Alter von 13 Jahren mit einem Kindertransport nach Schweden emigriert. Und tatsächlich spielt das Schreiben in der von Elisabeth Cosanne-Schulte-Huxel editierten Ausgabe eine zentrale Rolle: nicht nur als Versuch, der geographischen Distanz ein Stück Intimität entgegenzusetzen und das Trauma der Trennung erzählerisch zu verarbeiten. Gleichzeitig sind die Briefe auch ein wichtiges Zeugnis des wachsenden Antisemitismus im NS-Regime, in dem das Schicksal der Familie Reifeisen stellvertretend für das vieler Verfolgter und Ermordeter steht.

Das Leichenhaus der Buecher
„Das Leichenhaus der Bücher“. Kulturrestitution und jüdisches Geschichtsdenken nach 1945
Schriften des Simon-Dubnow-Instituts Band 19. Hg. von Dan Diner.

Das Thema Raubgut und Restitution der durch die Nationalsozialisten verschleppten jüdischen Kulturgüter hat durch den medial vielbeachteten Fall ‚Gurlitt’ in den letzten Monaten neue Aktualität erhalten. An diesem – in der Wohnung Cornelius Gurlitts wurde eine große Sammlung sogenannter Raubkunst gefunden – wird auch deutlich, wie weit dieses Angelegenheit noch bis in die Gegenwart reicht und wie komplex die damit verbundenen Rechtsfragen sind.

Erste Restitutionsbemühungen von geraubten Büchern und kulturellen Gegenständen begannen bereits während des Krieges und in großem Umfang unmittelbar nach Kriegsende. (...)

Wie der gordische Knoten geloest wurde
Wie der gordische Knoten gelöst wurde
Anekdoten der Weltgeschichte historisch erklärt

Der sperrige Untertitel, der dem Buch mehr fachliche Schwere beschert, als in ihm zu finden ist, steht im völligen Gegensatz zur literarischen Leichtigkeit, die mit viel Sachkompetenz in diesem Buch kombiniert worden ist. 27 pointierte Aussagen, schriftliche Überlieferungen oder auch Bilder bilden jeweils den Kern erläuternder Geschichten um die scherzhaft gemeinten oder gemachten Überlieferungen bedeutender Persönlichkeiten der Weltgeschichte. Dieser Essaysammlung hat der Herausgeber Matthias Steinbach ein kurze, prägnante Einführung über Anekdoten, ihre Zielsetzung und ihre Wirkung vorangestellt. Explizit stellt er hier vorliegende Textsammlung verschiedener Autoren in die Tradition Stefan Zweigs, der in seinen "Sternstunden der Menschheit" epochale Ereignisse auf ein Datum, gar auf eine einzige Stunde reduzierte. Steinbach ersetzt die zeitliche Ebene Zweigs durch historische Pointen. (...)

Das Forum Romanum
Das Forum Romanum. Spiegel der Stadtgeschichte des antiken Rom.

Die meisten Besucher werden verwirrt sein, wenn sie heute das römische Forum zum ersten Mal besuchen. Es ist einer der Orte, an dem sich antike Geschichte konzentriert und deren Zeugnisse unmittelbar in die Gegenwart hineinreichen. Der Anfang römischer Stadtgeschichte ist an diesem Ort ebenso gut belegt wie deren Ende, ein Zeitfenster also, das das 10. Jahrhundert v. Chr. und das 7. Jahrhundert n. Chr. umfasst. Die Ebene zwischen den Hügeln – Kapitol im Westen, Palatin und Velia um Süden, Quirinal und Viminal im Norden – misst heute von West nach Ost im Kernbereich an die 1000 Meter, auf der sich an die 50 Baureste von Tempeln, Basiliken, Portiken und Bögen drängen. Unverbunden stehen sie neben-, über und untereinander, entsprechend ihrer Erbauungszeit mal höher, mal tiefer im Boden erhalten. (...)

Wuesten natuerlicher und kultureller Wandel
Wüsten – natürlicher und kultureller Wandel in Raum und Zeit.
Leopoldina-Meeting. Veranstaltet von der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde zu Stuttgart e. V. am 2. und 3. Mai 2008 in Stuttgart.

Wüsten sind in der heutigen Moderne ein vielfach gebrauchtes Synonym für Lebensfeindlichkeit und Tod. Der koptische Mönch etwa verlässt den religiösen Texten zufolge die Sicherheit des fruchtbaren Nilstreifens Ägyptens, der ihm Nahrung und kulturellen Zusammenhalt garantiert, und er liefert sich in der angrenzenden Sandwüste der Wohlfahrt durch Gott aus. Ebenso lebensbedrohlich ist der Auszug der Israeliten aus Ägypten (Gen 15,22-26), die in der Wüste Schur drei Tage lang kein Trinkwasser finden können. (...)