Rom in Germanien
Waldgirmes - Dauerausstellung im Römerkastell Saalburg

Die in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts überraschende Entdeckung eines frühen Römerlagers in Waldgirmes, Gemeinde Lahnau bei Wetzlar, beförderte die Frage nach Verlauf und Einfluss der augusteischen Eroberung Germaniens. Ein dort gemachter, aufsehenerregender Fund ist ein vergoldeter Bronzekopf eines Pferdes, der einstmals Teil einer kaiserzeitlichen Reiterstatuengruppe gewesen war. Inzwischen im Römerkastell Saalburg, Bad Homburg, ausgestellt, gehört das Objekt zu den herausragenden materiellen Hinterlassenschaften, die die Provinzialrömische Archäologie in der nahe zurückliegenden Zeit gemacht hat. Der Pferdekopf ist daher zentrales Relikt, der – in Verbindung mit Geschichte und Bedeutung des Römerlagers bei Waldgirmes – in einem handlichen Katalogheft einem interessierten Leserkreis vorbildlich aufbereitet zugänglich gemacht wird.

Bearbeitet und mit Texten versehen worden ist die Broschüre zur Dauerausstellung im Römerkastell Saalburg von dem dortigen Direktor Dr. Carsten Amrhein, Elke Löhnig, der stellvertretenden Museumsleiterin, sowie Rüdiger Schwarz, Museumspädagoge dort. Ausgehend von der Bronze werden Herstellungstechnik, Fundumstände und Aufstellung der Statuengruppe (sowie einer weiteren zweiten Statue, S. 14) erläutert. Anschließend gehen die Verfasser auf den Fundplatz und die Grabungstechnik ein, und sie fassen die Ergebnisse der dort gemachten Arbeiten in gebündelten Informationen zur Siedlungsstruktur zusammen. So wird festgehalten, dass der Fundplatz von 4 v.Chr. bis 16 n.Chr. besiedelt war (S. 26), von einer breiten Mauer umgeben wurde, der Gräben vorgelagert waren, und der insgesamt eine Fläche von 7,7 Hektar einnahm. Zwei kreuzförmig angelegte Straßen gliederten die Stadt, an deren Enden mit Hilfe von Toren der Zu- und Ausgang reguliert wurde. Die Wasserversorgung war durch zwei Brunnen sichergestellt. Kasernenbauten für die Soldaten lagen im Westen (S. 19). Das Zentrum nahm das Forum mit mehr als 16.000 m2 ein, das auf einem Steinfundament gegründet worden war. Südlich davon ließen sich Wohnbauten nachweisen (Umschlag S. 3). Amrhein vermutet, dass das als „praesidium“ (befestigter Militärposten) angelegte Lager rasch zu einer „coloniae novae“ (Provinzstadt) erweitert wurde, dieser Plan mit Abzug der Truppen im Jahre 16 aber nicht mehr vollständig zur Ausführung kam (S. 22). Durch Reste von Materialverarbeitung lassen sich mehrere Gewerke rekonstruieren: Die Anlage der Häuser in Fachwerktechnik verlangt Holzverarbeitung und Zimmerhandwerk. Eisenprodukte verweisen auf Nagel- und andere Schmieden. Zwei Töpferöfen beweisen das Vorhandensein von Keramikwerkstätten. Weitere Verarbeitungsbetriebe sind wahrscheinlich (S. 25).

Verfasserin und Verfasser haben abschließend ausgewählte Funde zusammengestellt, die das Leben im Römerlager und der Stadt schlaglichtartig beleuchten: Geld, Geschirr, Werkzeuge und Waffen gehören hierzu, aber auch Schmuck und Architekturteile. Vieles davon war importiert und dokumentiert dadurch, über welche guten Verkehrsanbindungen der Fundplatz bei Waldgirmes in römischer Zeit verfügte: Frankreich, Italien, Spanien exportierten ihre Waren an die Lahn. Wahrscheinlich aus Eigentum fremdländischer Legionäre gerieten Gemmen und eine wohl ägyptische Mosaikperle in den hessischen Boden.

Kurz und prägnant haben Amrhein, Schuster und Löhnig ihre Beiträge verfasst, die in Verbindung mit dem beigegebenen Bild- und Kartenmaterial ansprechend gestaltet, informativ illustriert und gut verständlich sind. Entstanden ist daraus eine hervorragend gelungene Präsentation der Funde und der Forschungsergebnisse der seit mehr als 20 Jahren andauernden Grabung.