Vom Nachleben der Kardinäle
Römische Kardinalsgräber der Frühen Neuzeit

Mit dem Forschungsprojekt „Requiem“ (http://requiem-projekt.de/, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/REQUIEM-Projekt), der dazugehörigen Datenbank sowie den daraus resultierenden Tagungsbänden und Einzelstudien haben Arne Karsten und Philipp Zitzlsperger, die beide zugleich Herausgeber des hier anzuzeigenden Buches sind, einen bemerkenswerten Bild- und Textfundus geschaffen, der auch Grundlage für die Beiträge in Vom Nachleben der Kardinäle ist. Dieser Band ist als Zwischenstand der bisherigen Forschungsarbeit angelegt - zumal Zitzlsperger seinen Beitrag (S. 23-65, „Requiem - Die römischen Papst- und Kardinalsgräber der Frühen Neuzeit. Ergebnisse, Theorien und Ausblicke des Forschungsprojektes“) eigens so überschrieben hat. Als Forschungsansatz interessant sind die „methodischen Prämissen und Erkenntnisse“ (S. 8), die beispielhaft in sechs Einzelstudien dokumentiert werden (Anett Ladegast: „Liturgie und Memoria bei den Ammanati-Grabmälern in S. Agostino. Möglichkeiten und Grenzen einer Grabmalsstrategie“, S. 67–98; Laura Goldenbaum: „Strategien der Vergegenwärtigung. Der venezianische Kardinal Pietro Foscari und sein Bronzedouble in S. Maria del Popolo“, S. 99–130; Judith Ostermann: „Ein Königreich für einen Kardinal. Das Grabmal Francisco Ximenez de Cisneros (1436–1517) in Alcalá de Henares“, S. 131–164; Alexandra Finga „Die Cappella Falconieri in S. Giovanni dei Fiorentini. Eine römische Grabkapelle im Blickfeld familienpropagandistischer Interessen“, S. 165–195; Carol Nater: „Streit um den Platz in der Ewigkeit. Die Ginetti-Kapelle in S. Andrea della Valle im Spannungsfeld konkurrierender römischer Aufsteigerfamilien im Seicento“, S. 197–219; Alrun Kompa: „Der Papst als Nepot. Die Darstellung Kardinal Neri Corsinis d.Ä. im Kontext der römischen Corsini-Kapelle“, S. 221–247). Grundgerüst ist eine „Theorie des frühneuzeitlichen Grabmals und seiner gesellschaftlichen Rolle als Beitrag zur Gedächtnis- und Memorialforschung“ (S. 23), wenngleich die hier angeführte Materialgrundlage nur bedingt als repräsentativ für die allgemeine Fragestellung gewertet werden darf, die Zitzlsperger dennoch überzeugend ausrollt.

Die Untersuchung umfasst 46 Papst- und in etwa 500 Kardinalsgräber, eingeschlossen hierin auch Rekonstruktionen der Monumente. Neben heute allgemein als akzeptiert anzunehmenden Positionen wie etwa, dass die Hinterbliebenen das Bild vom Toten prägten, wartet beispielsweise Karstens Artikel mit der überraschenden Erkenntnis auf, dass die hier untersuchten Kardinalsgrabmäler ohne Bibelbezüge arbeiten. Daher fragt er unbeantwortet, aber mit Recht nach den theologischen Grundlagen des Grabmals im Allgemeinen. Unthematisiert und ungeklärt bleibt das Verhältnis zwischen Auftraggeber und ausführendem Künstler der Monumente in der Frage der Interpretation der Gestaltung, was insofern wiederum konsequent ist, da Stilkritik in diesem Band keinen Platz eingeräumt bekommen hat. Da dies aber auch kein erklärtes Ziel der hier vorliegenden Untersuchung sein sollte, kann nach der Lektüre Vom Nachleben der Kardinäle als Fazit nur ein „uneingeschränkt lesenswert“ stehen.