Grund und Boden in Altägypten

Wer sich über rechtliche Fragen in Alt-Ägypten informieren muß, sucht eine aktuelle, zusammenfassende Darstellung vergebens. Zwar erlauben es diverse Artikel an verschiedenen Orten oder die (inzwischen veralteten) Einträgen aus dem Lexikon der Ägyptologie, sich einen ersten Überblick zu verschaffen, doch werden in der Regel immer nur spezielle Teilbereiche eines engen Problemfeldes beleuchtet. Vieles wird noch kontrovers diskutiert, und zu berücksichtigen ist immer, daß in verschiedenen Epochen der altägyptischen Geschichte auch unterschiedliche Rechtsformen existiert haben. Eigentumsfragen jedoch, Landbewirtschaftung und sonstige Naturausbeutung spielen im anzuzeigenden Band eine zentrale Rolle, wodurch dem Symposiumsband auch Dank der erläuternden Einleitung des Herausgebers S. Allam beinahe ein Handbuchcharakter zukommt. Es ist keine lose Aneinanderreihung von Fachbeiträgen, sondern fast alle Artikel nehmen aufeinander Bezug. Neben Allams Prolog sollte das Buch am Ende aufgeschlagen und begonnen werden, wo S. Grunert anhand der versammelten Beiträge eine Definition von 'Eigentum' gibt. Dieser Beitrag bildet das Gerüst ab, das den Band trägt. Von hier wird der Leser zu Pachtverträgen, Acker-Amt-Quittungen, königlichem Boden-Besitz und verschiedenen Vertragsformen rund um Grundbesitz geführt. Es fällt schwer, unter den qualitätvollen Beiträgen besondere Rosinen auszumachen: Es ist gerade das durchweg hohe Niveau, was dem Band seinen Wert verschafft, wie auch der zeitlich weite Bogen, der mehr als drei Jahrtausende umspannt. Daß nicht in allen Punkten zwischen den Wissenschaftlern Einigkeit herrscht, möchte ich für das Buch eher positiv bewerten, als daraus etwa 'Verwirrung des Lesers' abzuleiten: Alle Beiträge sind klar gegliedert, nur die verschiedene Interpretation der überkommenen Quellen verhindert z. B. gerade bei der Benennung bestimmter Termini eine allgemein gültige Lehrmeinung. Die verschiedenen Blickwinkel bildet Grund und Boden in Altägypten aber ohne Ausnahmen ab, weshalb man dem Buch nicht immer Definitionscharakter, aber in jedem Falle Vollständigkeit attestieren muß. Und mehr kann angesichts der augenblicklichen Forschungslage hierzu nicht verlangt werden.