Wie werden Personengruppen mit sprachlichen Mitteln konstituiert und charakterisiert? Der Begriff des Stereotyps bewegt die neuere Sprachwissenschaft seit den sprachsoziologischen Arbeiten U. Quasthoffs Anfang der 1970er Jahren und den wenig später erschienenen, für die kognitive Linguistik grundlegenden Ansätzen Hilary Putnams. Die vorliegende Untersuchung ist somit nicht die erste linguistische Monographie zum benannten Thema; ihr Schwerpunkt ist nicht in der grundlegenden Neukonzipierung des Gegenstandes zu suchen, sondern vielmehr in der korpusgestützen Erfassung und systematischen Klassifizierung von Personenstereotypen 'von der Sprachform her' (S. 3). Dies geschieht mithilfe einer umfangreichen Typologie stereotyper Ausdrucksformen und Handlungsfunktionen. Pümpel-Maders Anliegen lässt sich als formlinguistischer Systematisierungsversuch in einem überwiegend soziopsychologisch, themenspezifisch oder diskurshistorisch bearbeiteten Forschungsbereich verstehen. Somit geht es der Autorin in erster Linie um das Erfassen allgemeingültiger Schema-Typen eines stereotypanzeigenden Sprachgebrauchs. Der Begriff des Personenstereotyps stellt in der weitgefassten Definition Pümpel-Maders 'ein Konzept/Schema dar, das eine 'Personengruppe' als soziale Kategorie zur Bedingung hat, die mit 'Eigenschaften/Verhaltensweisen' als Merkmalen (Schemawerte) verbunden ist.' (S. 12) Pümpel-Mader fasst also Stereotype als abstrakte Wissensstrukturen nach dem Prädikations-Schema, als Relation 'Träger-Merkmal' auf, welche in prototypischen, expliziten Äußerungen oft als sein-Prädikation ('die Deutschen sind fleißig' ) formuliert wird. Diese zugrunde liegende Wissensstruktur kann durch evaluative, quantifizierende, gestaltbezogene sowie geltungs- und anspruchsbezogene Spezifizierungen modifiziert werden.
Materialbasis der Arbeit sind nach Angaben Pümpel-Maders (S. 65) 'über 3000 Belege aus Presse- und Medientexten, aus der literarischen Prosa, aus der Gebrauchsprosa, aus Dialogen, Werbetexten, Aphorismenbüchern, von Spruchkarten und Plakaten' (ebd.), von denen etwa die Hälfte im Zuge der Dartstellung analysiert und diskutiert werden. Die typologische Beschreibung der stereotypanzeigenden Ausdrucksformen geschieht auf allen Ebenen des Sprachsystems, begonnen mit der Lautung über morphologische Merkmale zu lexikalischen Einheiten, Syntagmen, Sätzen und Texten. In einem weiteren Abschnitt werden schließlich die pragmatischen Funktionen von stereotypanzeigenden Ausdrücken behandelt.
Die Arbeit glänzt mit einer Vielzahl beindruckender und interessanter Beispielbelege und einer Formsystematik im Hauptteil, die das Verwenden als Nachschlagewerk, gewissermaßen als eine 'Grammatik des stereotypisierenden Ausdrucks' nahelegt. Die kontextabstrakte Konzeption ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. Durch die weitgehend strukturalistische Herangehensweise wird jedoch auch die Chance vertan, die Kontextualisierung als Bedingung für Stereotypisierungen von Vornherein ins Blickfeld zu rücken, gerade, wo ein großer Anteil von Beispielen spezifisch österreichische, historisch lexikalisierte oder gar etymologische Perspektiven beinhaltet. Kritisch wäre außerdem anzumerken, dass die methodische Vorgehensweise beim Auffinden der abstrakten Typen, aber vor allem auch beim Zusammenstellen und Auswerten der Korpora weitgehend im Unklaren bleibt. Gerade bei der Materialfülle wäre eine genauere Abschätzung des Geltungsanspruchs der Regeln hilfreich. Eine stringente erkenntnistheoretische Rahmenkonzeption (die Diskussion wurde ansatzweise in die Beschreibung der Substantive ausgelagert) und eine bessere Integration der nicht immer zielgerichteten, und teilweise redundanten Einleitungsteile und Forschungsüberblicke, könnte die Lesbarkeit der Arbeit noch verbessern. Auch die Gliederung aus einstelligen Kapitelnummerierungen, hierarchischen Dezimalstellen und Synopsekapiteln ist für den Leser anfangs gewöhnungsbedürftig. So bleibt zu wünschen, dass die unbestreitbaren Errungenschaften für korpusgestützte Untersuchungen fruchtbar werden können. In künftigen textlinguistischen, historisch-semantischen oder diskurslinguistischen Projekten sollte man dankbar auf die systematisierenden Vorarbeiten Pümpel-Maders zurückgreifen können.