Stadt Marburg II
Stadterweiterungen und Stadtteile

Der von Ellen Kemp und Annekathrin Sitte-Köster vorgelegte zweite Band zu den Marburger Kulturdenkmälern greift auf die der Universitätsstadt angegliederten Bezirke Bauerbach (ab S. 474), Bortshausen (ab S. 492), Cappel (ab S. 501), Cyriaxweimar (ab S. 526), Dagobertshausen (ab S. 531), Dilschhausen (ab S. 537), Elnhausen (ab S. 546), Ginseldorf (ab S. 559), Gisselberg (ab S. 574), Haddamshausen (ab S. 582), Hermershausen (ab S. 591), Michelbach (ab S. 602), Moischt (ab S. 617), Ronhausen (ab S. 629), Schröck (ab S. 636), Wehrda (ab S. 658) und Wehrshausen (S. 678-690) aus, stellt aber vor allem die städtischen Erweiterungen des 18.-20. Jahrhunderts im Ortskern in den Vordergrund dieser Publikation. Altstadt, Schloss u. a. ältere Bauten waren bereits in einem ersten Band ausführlich beschrieben worden.

Marburgs Topografie ist durch die Anlage der sog. Oberstadt hoch über der Lahn mit ihren Vorstädten Grün, Weidenhausen und Ketzerbach geprägt. Im ausgehenden 18. Jahrhundert wurde im Zuge der Erweiterung der Universität auch das Stadtgebiet ausgedehnt; mit der preußischen Annexion 1866 wurde die Bebauung dann nennenswert nach Norden und nach Süden ausgestreckt, da neben universitären Neubauten auch militärische Nutzgebäude Einzug in das Stadtbild fanden. Zahlreiche Bürgerhäuser und Professorenvillen wurden in neuen Straßenzügen errichtet. Mehr als 750 Kulturdenkmäler dieser Zeiten sind in vorliegendem Band festgehalten worden.

Eine ausführliche Einleitung mit aussagekräftigem Karten- und Bildmaterial zu Forschungsstand, Geologie, Stadtentwicklung, Eingemeindungen und Siedlungsformen mit den Sonderpunkten „Universität“ sowie „Wehr- und Militärarchitektur“ nebst „öffentlichen Gebäuden“, Industrie- und Sakralbauten (S. 9-77) verschaffen dem Leser einen ausführlichen wie auch höchst informativen Überblick. Wohl aus drucktechnischen Gründen ist in diesem Abschnitt wie auch sonst im Buch auf Seitenverweise verzichtet worden, wodurch die im Text gegebenen Hinweise auf Häuser z. B. in Stadtteilen schwer nachzuvollziehen sind. Die teils farbigen Abbildungen vermitteln einen lebendigen Eindruck von der gegenwärtigen Nutzung der historischen Gebäude und verdeutlichen eindringlich, wie in Marburg alte Bausubstanz zeitgemäß genutzt wird und dadurch der baulich geschlossen wirkende Charakter dieser Stadt erhalten geblieben ist und bleibt.

Die Stadterweiterungen sind für die Einzeldarstellung der Baudenkmäler in 18 Bereiche eingeteilt worden (sog. Gesamtanlage, S. 79). Detaillierte Kartenübersichten und Luftbildaufnahmen markieren den Standort jedes erwähnten Gebäudes. Nach einer umfangreichen topografischen Beschreibung jeder der Gesamtanlagen (S. 83-130) folgen die Auflistungen der Häuser, alphanumerisch nach Straßennamen sortiert. Angaben zum Flurstück machen eine Synchronisation mit älteren Karten, Listen o. ä. ohne oder mit einer veralteten Straßennennung sehr leicht möglich. Die Informationen zu den Bauten geben Lage, dokumentierte Baugeschichte und gegenwärtiges Aussehen wieder; die Länge der Einträge variiert je nach Dokumentationslage stark. Die prägnanten und kurz gehaltenen Beschreibungen vermitteln mit den jeweils beigegebenen Aufnahmen der Häuser einen sehr guten Eindruck von der noch vorhandenen historischen Bausubstanz. Die Fotos stammen teilweise noch aus den 80er Jahren, ohne dass dies gesondert vermerkt worden ist; nur Fotografien vor 1940 sind besonders kenntlich gemacht. Grund- und Aufrisse verschiedener Marburger Häuser bzw. Anlagen komplettieren die Einzelangaben.

Die Ortsteile werden durch eine kurze stadtgeschichtliche Würdigung zu Beginn der Unterabschnitte eingeleitet, sind ebenfalls um Pläne, Karten und Luftbilder erweitert und mit Übersichtsaufnahmen des Stadtkerns ergänzt. Die Gliederung der Baudenkmäler und ihre Beschreibung folgen dem Muster der Marburger Häuser. Gaststätten, Höfe und Kirchen bilden in diesen Kapiteln das Gros der denkmaltopografischen Hinterlassenschaften.

Die große Zahl der aufgenommenen Objekte in einem zweiten Band zur Universitätsstadt Marburg belegt ihre große Bedeutung bei der Darstellung der städtebaulichen Entwicklung Hessens. Die Aufarbeitung und die Bereitstellung der Quellen durch die beiden Bearbeiterinnen sind vorbildlich gelungen, und das Werk in der Gesamtschau ein äußerst wichtiger Baustein im Mosaik der Denkmaltopografie der Bundesrepublik Deutschland.