Briefe an Max Müller und andere Dokumente

Aus dem Briefwechsel zwischen Martin Heidegger und Max Müller werden 89 Briefe ediert, die sich zumeist im Nachlaß von Max Müller erhalten haben. Dazu kommen Dokumente, nämlich Heideggers Gutachten zur Habilitation Müllers sowie Äußerungen Müllers über Heidegger in einem Bericht und in Rezensionen und Reden. Wiedergedruckt wird auch das Gespräch über Heidegger, das Max Müller 1985 mit Bernd Martin und Gottfried Schramm führte. So wird sichtbar, daß Heidegger im September 1947 in einem Treffen mit Bernhard Welte und Max Müller in Todtnauberg sich über den nichtpublizierten dritten Abschnitt von Sein und Zeit äußerte; diese Äußerungen über transzendentale und transzendenzhafte Differenz konnte Max Müller 1949 in seiner Schrift Existenzphilosophie im geistigen Leben der Gegenwart mitteilen. Diese Schrift brachte einen Umschwung in der Rezeption des Denkens von Heidegger: Heidegger gehört nicht mit Jaspers zusammen in eine „Existenzphilosophie“ und steht als einfacher „bäuerlicher“ Denker dem großstädtischen Schriftsteller Sartre ganz fern; Heideggers einzige Frage ist vielmehr die Seinsfrage, die in der philosophischen Tradition nach ihren letzten entscheidenden Gesichtspunkten hin unentfaltet blieb. Als 1953 Heideggers Vorlesung Einführung in die Metaphysik von 1935 erschien, war es wiederum Max Müller, der die neue und ungewohnte philosophische Fragestellung deutlich machte. Zu Heideggers siebzigstem Geburtstag von 1959 konnte Müller darauf hinweisen, daß die wichtigsten philosophischen Lehrstühle im deutschen Sprachgebiet von Schülern Heideggers besetzt waren. Dagegen mußte Müller 1969 feststellen, daß es still geworden sei um Heidegger, obwohl dessen Thema (die Auseinandersetzung mit der technisch geprägten Welt) die Aufgabe der Zeit bliebe. Daß Max Müller sich in dieser Weise für Heideggers Denken einsetzte, ehrt ihn umso mehr, als der Rektor Heidegger ihn 1933 wegen regimekritischer Äußerungen als Vertreter der studentischen Fachschaft absetzte und durch sein Gutachten 1937/38 dazu beitrug, daß die Machthaber Müller die venia legendi entzogen. Für Müller blieb Heidegger ein tiefreligiöser, aber zwiespältiger Mensch, der mit dem überkommenen katholischen Glauben nicht zurechtkam. Dieser Glaube war Müllers Ausgangspunkt; er suchte gegenüber Heideggers Trennung von Glauben und Denken zu zeigen, daß in jedem Menschen der Glaube und ein Denken, das neue Orientierung sucht, verbunden sind. Das Buch verweist mit den Äußerungen Heideggers und den Darlegungen Müllers auf Überlegungen und Auseinandersetzungen, die das vergangene Jahrhundert in seiner Tiefe bestimmten.