Kunst und Kirche
Beiträge der TagungKunst und Kirche 20. – 22. September 2000 in Osnabrück

Kirche und Kunst lautet eine Bischof Luthe zum Abschied gewidmete Schrift, die in der Reihe Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche veröffentlicht wurde. Kunst und Kirche ist ein Buch betitelt, in dem Beiträge der gleichnamigen Osnabrücker Universitäts-Tagung zusammengestellt sind. Worum geht es in diesen beiden Schriften, deren Titel dieselben Wörter in unterschiedlicher Reihenfolge erhalten?

Drei Vorträge standen auf dem Programm der 36. Essener Gespräche zum Thema „Kirche und Kunst“ am 12. und 13. März 2001. Entsprechend dem Tagungsverlauf wurden in diesem Band die Eröffnungsansprache von Bischof Luthe, die Einführung von Prof. Dr. Starck, die drei gehaltenen Vorträge mit den jeweiligen Diskussionsbeiträgen und das Schlußwort von Bischof Luthe aufgenommen. Acht schwarz-weiße Abbildungen, auf die in den Beiträgen Bezug genommen wurde, und ein ausführliches Sachregister finden sich im Anhang. Bereits in der Einführung wird deutlich gemacht, daß sich die 36. Essener Gespräche mit dem ambivalenten Verhältnis von Kirche und Kunst auseinandersetzen. Bezugnehmend auf einen Brief, den der Papst 1999 an die Künstler richtete, heißt es, daß die Kirche die Kunst brauche, „um die Botschaft weiterzugeben, die ihr von Christus anvertraut wurde“. Unmittelbar im ersten Vortrag „‚Geschmückt wie eine Braut’ – Überlegungen zu einer Ästhetik des Christentums“, der einen philosophisch-theologischen Aspekt des Themas lieferte, stellt Frau Gerl-Falkowits, Professorin für Religionsphilosophie und vergleichende Religionswissenschaft heraus, daß das Verhältnis von Kirche und Kunst sowohl durch gegenseitige Affinität wie auch durch eine kunstfeindliche Haltung gekennzeichnet ist. Positive Züge einer „Kontur des Ästhetischen“ stoßen jedoch, wie in Diskussionsbeiträgen betont wurde, an Grenzen, wenn Künstler in ihren Werken das Menschliche degradieren. Die Frage wirft sich auf, ob und wie der Schutz religiöser Überzeugungen und Gefühle zu gewährleisten sei. Im zweiten Vortrag „Religion und Grenzen der Kunst“ gibt Professor Hillgruber, Ordinarius für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Rechtsphilosophie einen historischen Rückblick, an dem in der anschließenden Diskussion der mögliche Konflikt zwischen der Kirche und der Kunst aufgezeigt und erörtert wird, ob und inwieweit der Staat der Kunstfreiheit im Hinblick auf Wahrung des Grundrechts der Religionsfreiheit Schranken zu setzen habe. Mit seinem Vortrag „Wahrheit und Freiheit der Kunst aus der Sicht theologischenEthik“, weist Professor Schockendoff, Ordinarius für Moraltheologie die Abgründe des gegenwärtigen Kunstbegriffs auf und stellt die ‚Janusköpfigkeit’ der Blasphemie heraus. Bedeutsam zeichnet er eine „Liste von Klugheitsregeln“ auf, mit deren Hilfe die Kirche bei Konflikten mit Künstlern angemessen reagieren könne. Bei einer Aufrechterhaltung der künstlerischen Freiheit, so der Tenor der Tagung, müsse die Respektierung religiöser Überzeugungen gewahrt bleiben. Wenn die Kirche die Kunst benötigt, um ihren pastoralen Auftrag zu erfüllen, ist zu fragen, inwieweit Kunst einem pastoralen Anspruch gerecht werden kann. Beide Seiten müssen sich aufeinander zu bewegen, wenn sie gemeinsame Aufgaben bewältigen wollen, könnte die wichtigste Erkenntnis aus den Essener Gesprächstagen lauten.

Der Landschaftsverband Osnabrücker Land führte 2000 ein künstlerisches Projekt „Kloster – Kunst – Landschaft“ durch. Neun Künstler und Künstlerinnen waren angesprochen, sich mit sakralen Orten auseinanderzusetzen und schufen Arbeiten für und in Kirchen- und Klosterbauten. Das Echo und der Erfolg weckte den Wunsch nach theoretischer Aufarbeitung und Diskussion über das künstlerische Projekt. Als wissenschaftliches Symposion konnte die Thematik „Kunst und Kirche“ an der Universität Osnabrück unter der Zusammenarbeit der Fächer Kunstgeschichte, Evangelische und Katholische Theologieveranstaltet werden. 18 Tagungsbeiträge wurden in der vorliegenden Publikation unter zwei Unterschriften zusammengestellt: Die historisch ausgerichteten Beiträge unter „Heilige und unheilige Bilder. Sakrale Kunst vom Mittelalter bis zu Positionen der Moderne“; Beiträge zu gegenwärtigen Fragen und Konflikten unter der Überschrift „Kunst und Kirche? Kunst statt Kirche? Gegenwartskonflikte“. 50 überwiegend farbige Abbildungen sind eingefügt. Kurzexposés, Auflistungen, Auflistungen der Autoren und ein Bildnachweis komplettieren die Schrift. Professorin Dr. Uta Schedler macht in der Einleitung deutlich, „Kunst ist Theologie mit anderen Mitteln“. Durch eigene Zeichensysteme verweisen Kunst und Kirche auf Verborgenes, Hintergründiges hinter dem sichtbar Dargestellten. Beide verlangen Vertiefung und das Sich-Einlassen des Betrachters. Das durch viele Jahrhunderte gewachsene Verhältnis des Zusammenarbeitens von Kunst und Kirche sei bereits seit der Renaissance und der Aufklärung getrübt, heißt es in den einleitenden Gedanken. Seit geraumer Zeit zeichne sich jedoch eine Annäherung ab: kirchliche Räume öffnen sich zeitgenössischem Kunstschaffen, eine künstlerisch interessierte Öffentlichkeit schaltet sich rege in den Prozeß des Dialogs zwischen Kirche und Kunst ein.

In den einzelnen Beiträgen setzen sich Kunst- und Medienfachleute von Kirchen und Museen, kirchliche Bau- und Kunstbeauftragte, Kunsthistoriker, Professoren der Theologie und der christlichen Kunst wie auch kirchliche Vertreter aus Gemeinden mit historischen wie auch aktuellen Standortbestimmungen im Verhältnis von Kunst und Kirche auseinander.

Die Resonanz einer breiten interessierten Öffentlichkeit an der Thematik der Osnabrücker Tagung gibt ein Beispiel dafür, daß der bei den Essener Gesprächen geforderte Dialog zwischen Kunst und Kirche bereits praktiziert wird. In diesem Tagungsband werden Antworten auf Fragen gegeben, die in Essen aufgeworfen wurden, und Anregungen zum Weiterdenken und Weiterentwickeln bereitgehalten.