Quellen zur Geschichte des Partherreiches
Textsammlung mit Übersetzung und Kommentaren Bd 1-3

Reihe: Novum Testamentum et Orbis Antiquus / Studien zur Umwelt des Neuen Testaments. ISSN: 1420-4592

In den letzten Jahren ist eine vermehrte Erschließung des Quellenbestandes zur Geschichte der sogenannten Randvölker zu beobachten; Zeugnisse, die in Sprachen verfaßt sind, die nicht zu den üblichen Kenntnissen von Forscherinnen und Forschern auf dem Gebiet der klassischen Altertumswissenschaften gehören, werden auf diese Weise einem breiteren Kreis zugänglich gemacht und können somit in Lehre und Forschung einbezogen werden. Zu nennen ist in diesem Kontext etwa die Sammlung von Quellen zur Geschichte der Nabatäer, die von Ursula Hackl selbst initiiert worden war (Ursula Hackl, Hanna Jenni, Christoph Schneider, Quellen zur Geschichte der Nabatäer. Textsammlung mit Übersetzung und Kommentar. Mit Beiträgen von Daniel Keller, Fribourg - Göttingen 2003 (NTOA 51)). Ferner ist hier die grundlegende Sammlung von Quellen zur Geschichte des Perserreichs aus der Feder von Amélie Kuhrt anzuführen (Amélie Kuhrt, The Persian Empire. A Corpus of Sources from the Achaemenid Period vol. 1-2, London-New York 2007). Die hier anzuzeigende Publikation schließt damit eine Lücke, indem sie das Partherreich zum Gegenstand der Aufmerksamkeit macht.

Gerade im Vergleich zur Geschichte des Perserreichs, die in den letzten Dezennien verstärkt im Fokus interdisziplinärer Forschung stand und steht, war das Partherreich vergleichsweise stiefmütterlich behandelt worden. Freilich wurde nach dem Vorbild der Forschung zum Achaimenidenreich zum Ende des 20. Jh. durch einen von Josef Wiesehöfer herausgegebenen Tagungsband eben auch diejenige zum Arsakidenreich auf die Agenda der Altertumswissenschaft gesetzt (Vgl. Josef Wiesehöfer (Hrsg.), Das Partherreich und seine Zeugnisse, Stuttgart 1998 (Hist.-E. 122)). Obwohl in den letzten Jahren in der Tat eine verstärkte Auseinandersetzung mit der parthischen Geschichte zu beobachten ist, bleibt eine Intensivierung der Forschung zur parthischen Geschichte im Vergleich zu der zur Geschichte des Perserreich weiterhin ein Desiderat. Hierfür möchte die vorliegende Publikation eine Arbeitsgrundlage liefern (Bd. 1, XLIX).

Der erste der drei Bände ist der Erschließung des und der Einleitung des Gesamtwerks gewidmet. Den Auftakt macht ein umfängliches Inhaltsverzeichnis (VII-XLV), das eine schnelle Orientierung im Gesamtwerk bzw. einen gezielten Zugriff auf die gewünschten Quellen gewährleistet. Auf dieses, das Abkürzungsverzeichnis und die Prolegomena folgt eine nicht minder umfängliche Bibliographie (LXI-CXLIII). Hierauf findet sich die aus der Feder der Herausgeber stammende Einleitung, die sowohl den ereignis- als auch strukturgeschichtlichen Belangen des Partherreichs gewidmet ist (1-181). Freilich wird man hier den teilweise apodiktisch getroffenen Urteilen nicht immer ohne weiteres folgen wollen. Dies gilt etwa für die Einlassung, zwischen dem Königshof in Pella und dem Hof der Achaimeniden hätten zahlreiche Parallelen bestanden, was sich in der Existenz eines Pagencorps und eines Harems manifestiere. Philipp II. hätte „...ganz nach orientalischem Muster, zahlreiche – meistens aus politischen Gründen geehelichte – Frauen und Nebenfrauen...“ gehabt. Daher hätte sich Alexander leicht an die orientalisch-persischen Elemente der Hofhaltung gewöhnt (12). Solche Positionen wird man in der aktuellen Forschung nicht leicht teilen wollen, zumal die Ausführungen der Verfasserin hier auch noch Berves Das Alexanderreich auf prosopographischer Grundlage beruhen (12 Anm. 39). Gravierender ist freilich im Rahmen der Erörterungen zu Handel und Wirtschaft im Partherreich die Übertonung der Bedeutung von Dura Europos für den palmyrenischen Handel (117) (Vgl. dagegen v.a. Michel Gawlikowski, Le commerce de Palmyre sur terre et sur eau, in: L’Arabie et ses mers bordiers I. Itinéraires et voisinages. Séminaire de recherche 1985-1986 sous la direction de Jean-François Salles, Lyon 1988, 163-172, bes. 169). Solches ist freilich keineswegs typisch für den ersten Band, der über weite Strecken eine sehr gute Einführung in Aspekte der parthischen Geschichte auf der Grundlage des gegenwärtigen Standes der Forschung bietet. Auf die einleitende Darstellungen folgen ausführliche Indizes, die die Quellensammlung vorbildlich erschließen (183-228). Dabei wird ein Verzeichnis der Textstellen und ein solches der Inschriften (darunter auch die keilschriftlichen Quellen), das nach den jeweiligen Sprachen geordnet ist, ebenso angeführt wie ein Index der Personen, Orte und Sachen.

Der zweite Band beinhaltet zunächst die von Luka Thommen bearbeiteten Texte der lateinischen und griechischen Literatur sowie die lateinischen und griechischen Inschriften und Papyri, die jeweils in der Originalsprache und einer mit kurzen Kommentaren versehenen deutschen Übersetzung gegeben werden (1-491). Die Autoren werden dabei in alphabetischer Reihenfolge angeführt. Für die jeweiligen literarischen Werke werden in einem eigenen Kapitel die Editionen, Kommentare und Übersetzungen bibliographisch erfaßt. Die Inschriften wurden nach regionalen Prinzipien angeordnet, wobei mit Ausnahme derjenigen von Dura Europos der Großteil in die Quellensammlung aufgenommen wurde, während die Papyri und Pergamente aus Dura Europos in Auswahl berücksichtigt wurden (3-4). Das daran anschließende Kapitel beinhaltet die parthischen Texte, deren Einleitung, Übersetzung und Kommentierung Dieter Weber besorgt hat (492-588). Einen Schwerpunkt unter diesen Texten bilden die Nisa-Dokumente, deren Inhalt im wesentlichen ein wirtschaftlicher ist (494). Den Abschluß des zweiten Bandes bildet die Bearbeitung der numismatischen Quellen. Die römischen sowie die arsakidischen Münzen wurden hier von Daniel Keller bearbeitet (589-632), der im Zuge dessen auf die bis jetzt nicht erfolgte grundlegende numismatische Aufarbeitung der letzteren verweist (613). Für die Bearbeitung der Iranica auf arsakidischen Münzen zeichnet wiederum Dieter Weber verantwortlich (633-639).

Den Auftakt des dritten Bandes bilden die keilschriftlichen Texte, die von Barbara Böck bearbeitet und mit einer ausführlichen Einleitung versehen wurden (1-174). Im Zuge dieser Einleitung findet sich auch eine äußerst nützliche Liste aller zur Zeit der Partherherrschaft in Babylonien niedergeschriebenen und datierten Texte, wobei die astronomischen Tagebücher freilich nicht mit aufgeführt wurden (7-27). Auf diese folgen die von Markus Zehnder vorgelegten aramäischen Texte, die gleichfalls mit einer allgemeinen Einleitung versehen sind (175-401). Hier finden sich literarische Texte ebenso wie Inschriften etwa aus Palmyra und Hatra. Die Übersetzung und Kommentierung der drei für die parthische Geschichte wesentlichen armenischen Quellen wurde von Giusto Traina übernommen (401-454), diejenige arabischen Quellen von Gudrun Schubert (455-481). Den Abschluß dieses Teilbandes bilden die kommentierten Übersetzungen der das Partherreich betreffenden chinesischen Quellen.

Alles in allem kann man allen Beteiligten nur danken, daß sie die Fron der Übersetzung und Kommentierung eines so umfänglichen Quellenfundus auf sich genommen haben. Jedem, der sich dem Partherreich in der Zukunft in Lehre und Forschung widmet, ist mit dieser Quellensammlung ein äußerst nützliches und wertvolles Werkzeug an die Hand gegeben, das auch die jeweiligen Nichtspezialisten fundiert in die jeweiligen Quellengruppen einführt. Kurz: Die hier angezeigte Quellensammlung stellt eine Bereicherung für jede Bibliothek dar.