Wie der gordische Knoten gelöst wurde
Anekdoten der Weltgeschichte historisch erklärt

Der sperrige Untertitel, der dem Buch mehr fachliche Schwere beschert, als in ihm zu finden ist, steht im völligen Gegensatz zur literarischen Leichtigkeit, die mit viel Sachkompetenz in diesem Buch kombiniert worden ist. 27 pointierte Aussagen, schriftliche Überlieferungen oder auch Bilder bilden jeweils den Kern erläuternder Geschichten um die scherzhaft gemeinten oder gemachten Überlieferungen bedeutender Persönlichkeiten der Weltgeschichte. Dieser Essaysammlung hat der Herausgeber Matthias Steinbach ein kurze, prägnante Einführung über Anekdoten, ihre Zielsetzung und ihre Wirkung vorangestellt. Explizit stellt er hier vorliegende Textsammlung verschiedener Autoren in die Tradition Stefan Zweigs, der in seinen "Sternstunden der Menschheit" epochale Ereignisse auf ein Datum, gar auf eine einzige Stunde reduzierte. Steinbach ersetzt die zeitliche Ebene Zweigs durch historische Pointen. Straflichtartig wird die Weltgeschichte be(- und der Leser er)leuchtet: Die antiken Mittelmeerkulturen reihen sich an Ausblicke auf den Orient und Asien, an das mittelalterliche Europa und die italienische Renaissance, das Russland der Zaren und die U.S.A. des 18./19. Jahrhunderts. Die deutsche Wiedervereinigung bildet den Schlussakkord in diesem Husarenritt durch Zeiten und Räume der Zivilisationen.

Gleich mehrfach ist Herodot Anekdotenschreiber mehrerer Episoden. Nicht ungewollt, sondern eine literarische Haltung seiner Leser befriedigend, tischt er sex and crime auf; hurende Königstöchter und Frauenschaften ganzer Völkerscharen, die sich des Geldes wegen Männern hingeben, durchziehen immer wieder Abschnitte seiner diversen logoi. Immer aber schreibt er den Frauen Klugheit zu oder wenigstens ein glückliches Schicksal, das das reine Sexelement aufhebt und die Frauen nicht nur als ausgenutztes Objekt bestehen lässt.

Frauen tauchen öfters in den Erzählungen auf, deren Erscheinen Männer hemmen und sie erpressbar machen, wie das Zusammentreffen des sechsten U.S.-Präsidenten Adams mit der Journalistin Anne Newport Royall (S. 141-148) belegt. Oder sie versprechen Männern für außergewöhnliche Taten ihre Gunst, wie Katharina II. dem Fürsten Potemkin, was den Neid der Petersburger Hofgesellschaft schürte und herausragende Leistungen bagatellisierten sollte (S. 113-121). Meist aber bleibt es doch Männern von hohem Stande vorbehalten, sich mit lustigen Ereignissen zu verewigen.

Der Buchtitel verweist auf Alexander den Großen, der 333 v. Chr. Gordion besuchte und dort auf der Suche nach Enträtselungen für das Unmögliche, so z. B. die Eroberung der damals bekannten Welt, auch einen nicht sichtbaren Jochknoten lösen musste. Wenig filigran hieb er die Bastschnüre mit seinem Schwert entzwei und verhalf so dem dortigen Orakel zur Wahrheit, dass derjenige, dem es gelänge, die Verknotung abzunehmen, ganz Asien beherrschen werde (S. 49-56).

Gleichfalls blauen Blutes wünschte sich Kaiser Heinrich IV. angeblich beim Anblick des Grabmals seines Gegenspielers Herzog Rudolf von Schwaben, "Ach, wenn doch alle meine Feinde so ehrenvoll bestattet lägen!" Jener Rudolf hatte erfolgreich gegen Heinrich gekämpft, doch dann im Krieg seine rechte Schwurhand verloren, mit der er dem Kaiser Heinrich den Treueid gegeben hatte, und war tödlich verblutet (S. 67-76).

Anhand dieser Einzelaussagen und teils tragisch-komischer Ereignisse beleuchten die verschiedenen Autoren das zeitliche Umfeld und den geschichtlichen Hintergrund der überlieferten Anekdoten einschließlich der Wirkungsgeschichte bis in die Gegenwart hinein. Die Lektüre des Buches ist geprägt von Kurzweiligkeit und Heiterkeit, nicht ohne den Anspruch auf seriöse Recherche und wissenschaftliche Darstellung vermissen zu lassen, für beste populärwissenschaftliche Unterhaltung.