Mikrotoponyme
(Jenaer Germanistische Forschungen, Bd. 32), Jenaer Symposion 1. und 2. Oktober 2009

Der Band „Mikrotoponyme“, herausgegeben von Eckhard Meineke und Heinrich Tiefenbach, entstand im Rahmen des Jenaer Symposions des Arbeitskreises für Namenforschung. Unter anderen wurden dabei fünf regionale Flurnamenprojekte vorgestellt, die mit Hilfe des Internets einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden können bzw. künftig sollen. Dazu zählen „Das Thüringer Flurnamen-Projekt“ von Barbara Aehnlich, „Hessische Flurnamengeographie im Internet“ von Hans Ramge, „Onomastik 2.0? Möglichkeiten und Grenzen internetbasierter Flurnamenerhebung“ von Gerhard Rampl, „Das ‚Digitale Flurnamenlexikon (DFL)’ für Rheinland-Pfalz in Mainz“ von Rudolf Steffens und „Das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv“ von Tobias Vogelfänger.

Generell sind für alle Projekte neben der Darstellung im Internet auch Druckfassungen vorgesehen. Grundsätzlich sollen die entsprechenden Flurnamen-Belege, sowohl rezente als auch historische, in Datenbanken erfasst werden. Die Mundartformen der Flurnamen sollen z. T. auch akustisch wiedergegeben werden können. Ein besonderer Vorteil bei der Darstellung von Flurnamenprojekten im Internet liegt in der Möglichkeit, Verbreitungskarten zu generieren. Somit kann eine räumlich-geographische Repräsentation erfolgen. Beispielsweise bieten das „Südhessische Flurnamenbuch“ sowie das „Mittelhessische Flurnamenbuch“, beide vorgestellt von Hans Ramge, die Möglichkeit für jeden Nutzer, sich nach eigenen Interessen und Fragestellungen Verbreitungskarten zu erstellen.

Das von Tobias Vogelfänger beschriebene „Nordrheinische Flurnamenarchiv“, welches derzeit noch nicht online verfügbar ist, sieht darüber hinaus für jeden Flurnamenbeleg die Angabe einer Georeferenz, die maximal nur wenige hundert Meter von der tatsächlichen Lage abweicht, vor. Diese Georeferenzierung erlaubt eine Kartierung mit einem Geographischen Informationssystem (GIS). Hier sind nun drei verschiedene Möglichkeiten der Darstellung vorgesehen. Bei der Punktsymbolkarte repräsentiert jedes Symbol einen Beleg. Durch eine komplexe Symbolgestaltung können verschiedene Merkmale wie z. B. lautliche bzw. graphische Varianten aufgezeigt werden. Die Frequenzkarte dagegen kann als quantitative Karte Raumstrukturen sichtbar machen, die in den entsprechenden Punktsymbolkarten nicht ersichtlich werden. Schließlich gibt es noch die Popularitätskarte, die eine Transformation von Punkt-  in Flächeninformation erlaubt. Dieser Kartentyp zeigt die kommunikative Reichweite eines Flurnamens auf, also das Gebiet, in dem ein Flurname bekannt ist. Mit Hilfe der Popularitätskarte können somit Flurnamenräume ermittelt werden.

Das bereits online verfügbare „Digitale Flurnamenlexikon“ für Rheinland-Pfalz aus dem Beitrag von Rudolf Steffens bietet derzeit lediglich geographische Karten, die die Lage der entsprechenden Gemeinde, von der ein Flurname ausgesucht wurde, aufzeigen. Aber auch hier ist künftig die Möglichkeit zur Generierung von Verbreitungskarten vorgesehen.

Noch ganz am Anfang hinsichtlich einer Präsentation im Internet befindet sich das ‚Thüringer Flurnamen-Projekt’, behandelt von Barbara Aehnlich. Hier besteht noch die dringliche Aufgabe, das bisher gesammelte Flurnamenmaterial in einer einheitlichen Form mittels einer Datenbank zu erfassen.

Gerhard Rampl zeigt in seinem Aufsatz anhand des Projektes ‚Flurnamendokumentation im Bundesland Tirol’ die Möglichkeiten auf, die das Internet bei der Erhebung von Flurnamen bieten kann. Der Begriff ‚Onomastik 2.0’ im Titel seines Beitrages ist angelehnt an ‚Web 2.0’. Dieser Ausdruck beschreibt die aktive Teilnahme des Nutzers an der Erstellung und Verteilung von Inhalten im Internet. Eine bekannte Web 2.0-Anwendung, die sich die Erstellung einer Enzyklopädie durch freiwillige und ehrenamtliche Autoren zum Ziel gesetzt hat, ist Wikipedia. Das Prinzip einer Eingabemöglichkeit über das Internet, ohne dass der Anwender technische Vorkenntnisse besitzen muss, könnte von der Flurnamenforschung übernommen werden. Problematisch hierbei könnte allerdings die Qualitätssicherung werden. Während bei Wikipedia eine große Nutzeranzahl eine relativ hochwertige Qualität der Artikel sicherstellen kann, ist diese Art der Qualitätskontrolle in der Flurnamenforschung nur bedingt einsetzbar, da die potentielle Nutzergruppe um ein Vielfaches kleiner wäre als bei Wikipedia. Um hier die Qualität sicherstellen zu können, ist es notwendig, dass die Eingabeberechtigten einen Expertenstatus hinsichtlich lokaler Orts- und Sprachkenntnis besitzen. Für das Projekt ‚Flurnamendokumentation im Bundesland Tirol’ erfüllt die Arbeitsgemeinschaft der Chronisten Tirol, die ehrenamtlich daran mitarbeitet, bereits die erforderliche Voraussetzungen des Expertenstatus.

Hiermit wird außerdem ein wichtiger Punkt angesprochen, der für die dargestellten Projekte charakteristisch ist. Bei allen wird insbesondere die Bedeutung der Mitarbeit ehrenamtlicher bzw. freiwilliger Flurnamensammler hervorgehoben. Schließlich weist Tobias Vogelfänger in seinem Aufsatz auf die Notwendigkeit hin, als zentrales und mittelfristiges Ziel der deutschen Flurnamenforschung, einheitliche Standards für die Art und den Umfang der Online-Verfügbarkeit für Flurnamensammlungen zu etablieren. Weiterhin hält er eine Zusammenarbeit der Flurnamenarchive in allen deutschen Gegenden für wünschenswert. Dabei könnten alle Projekte von den bislang gesammelten Erfahrungen der jeweils anderen profitieren.

Internetquellen

http://www.flurnamenlexikon.de/

http://lagis.online.uni-marburg.de/de/subjects/index/sn/shfb

http://cgi-host.uni-marburg.de/~hlgl/mhfb/mhfb_qs.html

http://www.germanistik.uni-bonn.de/forschung/arbeitsstelle-rheinische-sprachforschung/projekte-1/flurnamen

http://www.onomastik.at/index.php?article_id=99#top

http://www.sprachwissenschaft.uni-jena.de/Lehrbereiche/Th%C3%BCringische+Flurnamen.html