Wo liegt eigentlich ... begraben?
Grabstätten historischer Persönlichkeiten aus Antike und Mittelalter

Der für ein Nachschlagewerk eher sperrige Titel geht auf ein wissenschaftliches Projekt zurück, die Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten enzyklopädisch zu erfassen, da selbst umfangreichere Nachschlagewerke diesen Aspekt nur selten berücksichtigen (vgl. Vorwort, S. 11).

Entsprechend der Vorgängerversionen (die 2006 bzw. 2010 als Book on Demand erschienen sind), gliedern sich die Einträge in die Hauptkategorien Alter Orient, Klassisches Altertum und Mittelalter. In diesen zeitlichen Eingrenzungen sind die als historisch relevant eingestuften Personen jeweils alphabetisch aufgelistet.
Jeder Namenseintrag ist stereotyp aufgebaut: Hauptname, gefolgt von Funktion oder Titel und Zeitstellung, kurze Vita und Beisetzung(en). 431 derartige Einträge verzeichnet der Band, 7% entfallen auf den Alten Orient, 35% auf das Altertum und 58% auf das Mittelalter.

Kulturgrenzen für die Einträge gibt es nicht; zeitlich ist Veit Stoß (gest. 1533) ' als letzter Vertreter der Spätgotik ' die Grenze der Mittelalterbetrachtung. Den Anfang macht auf der anderen Seite im Orient Pharao Nar(-meher) (im Verzeichnis noch Narmer), der im Band um 2900 v. Chr. angesetzt wird. 21 schwarz-weiße Abbildungen unterschiedlicher Qualität zeigen Gräber, Bestattungsorte oder Sarkophage der im Buch abgehandelten Personen und lockern somit das naturgemäß textlastige Buch erfreulich auf. Historisch für wichtig befundene Persönlichkeiten, deren Grablege entweder verloren ist oder die nie bestattet wurden, finden sich auf Seite 219 wider, auf den Seiten dahinter ist ein Glossar fachspezifischer Ausdrücke abgedruckt. Die Verarbeitung des Buches ist solide, das flexible Cover funktional sowie die Schrift groß und gut leserlich gewählt.

Dem allgemeinen positiven Eindruck, den vorliegender Band bei einer ersten Betrachtung hinterlässt, stehen bei Einzelbetrachtungen der Einträge einige Mängel entgegen. Weitgehend unberücksichtigt soll hierbei bleiben, dass die Auswahl der aufgenommenen Personen je nach Verfasser selbstverständlich unterschiedlich ausfällt. Die hierbei angesetzten Kriterien dazulegen, wäre auch für den interessierten Laien sicherlich interessant gewesen. In Ergänzung der Persönlichkeiten möchte Rezensent dennoch vorschlagen: Adelheid von Burgund, 962-973, Kaiserin des HRR (931/2-999) (zu Otto I.-III. und Theophanu) und Christoph Kolumbus (1451-1506) (in Ergänzung zu Heinrich dem Seefahrer). Folgt man der Vermutung des Rezensenten, dass die Autoren das Mittelalter mit der Spätgotik enden lassen und zieht die Renaissance in die Neuzeit (was das Fehlen von Kopernikus, Dürer oder Grünewald rechtfertigt), sollten vielleicht auch Ludwig XI., sicher jedoch die Medici und Sixtus IV. in den Nachfolgeband verschoben werden. Teilweise fehlen bei Namen entsprechende Verweise (S. 30 s.v. Achilleus, →Augustus; S. 36 s.v. Antoninus Pius, →Hadrian; S. 141 s.v. Friedrich II., →Otto IV.; S. 183 s.v. Norbert von Xanten, →Lothar; S. 193 s.v. Philipp II. Augustus, →Johann Ohneland). Um Verwechselungen zu vermeiden bzw. Personen zu konkretisieren sollten folgende Verweise ergänzt werden: S. 67 s.v. Jesus Christus, Grabeskirche (→Gottfried von Bouillon); S. 132 s.v. Eduard der Bekenner, →Heinrich II. (König von England); S. 133 s.v. Eduard III, mit Erfolgen des Gegeners →Karl V. der Weise; S. 159 s.v. Johann von Luxemburg, siegreiche englische Herrscher →Eduard der 'Schwarze Prinze'; S. 161 s.v. Johannes I. Tzimiskes, Theophanu mit →Otto II., dem Sohn →Ottos d. Gr.; S. 163 s.v. Karl d. Gr., wie sein Vater →Pippin II.; S. 164 s.v. Karl IV., Gegen →Ludwig (IV.) den Bayern; S. 171 s.v. Leon III., →Justinians I. (→Constantin I. d. Gr.); S. 173 s.v. Ludwig I. der Fromme, durch die Söhne →Lothar (I.), →Karl (II.) der Kahle und →Ludwig (II.) der Deutsche; S. 173 s.v. Ludwig III. der Jüngere, einen Angriff →Karls (II.) des Kahlen ab; S. 195 s.v. Philipp III. der Gute, Grablege →Philipps (II.) des Kühnen; S. 210 s.v. Suger, Gegenwart des Königs Ludwig VII. wurde er.

Eine Diskrepanz ergibt sich bei Einträgen Antigonos Monophthalmos oder William Wallace. Beide Artikel führen nicht aus, wo der Tote nun ruht oder bestattet wurde. Es wird lediglich beschrieben, dass eine Bestattung durchgeführt wurde bzw. geschildert, wie mit der Leiche umgegangen wurde. Unter diesem Gesichtspunkt müssten aus der Auflistung 'Ohne Überlieferung' (S. 219) z. B. Aristoteles (gest. 322 v. Chr. aus Chalkis), Athanasius (Bestattung in Alexandria), Cato der Ältere und Cicero (beide Rom) herausgenommen werden. Arminius könnte mit dem zwar sicher falschen, aber dennoch schriftlich fixierten Eintrag der Beisetzung im heutigen Niestetal-Wundhausen gleichfalls Berücksichtigung finden. Folgende Fehler sollten getilgt und Angaben ergänzt werden: S. 29 s.v. Thutmosis III., der Sarkophag besteht aus gelbem Quarzit, nicht rotem Sandstein; S. 33 s.v. Alexander d. Gr., der Körper wurde nach ägyptischer Sitte einbalsamiert: Alexanders Tod in Babylon und seine geplante Überführung nach Makedonien machte zwar eine Konservierung nötig, die aber nicht zwangsläufig eine ägyptische Mumifizierung bedeutet haben muss (Herodot überliefert eine Körperkonservierung nach babylonischer Methode). Die Bemerkung auf S. 89, es sei umstritten, ob sich die Ptolemäer nach makedonischer Sitte hätten verbrennen oder in ägyptischer Tradition mumifizieren lassen, ist nach Sueton, Vita Caesarum, Augustus 18 (Oktavian antwortet auf die Frage, ob er nach dem toten Alexander auch die Ptolemäer zu sehen wünsche, er lehne es ab, Leichen [!] zu betrachten) zugunsten des pharaonischen Brauchtums zu entscheiden. Die Behauptung, Kleopatra habe in geringem Respekt vor ihren Ahnen deren Gräber verwüsten lassen ebenda, ist Rezensent in dieser Form unbekannt. Graböffnungen und Umbettungen hat es hingegen in der Zeit der Ptolemäer öfters gegeben; es war aber stets mit einer rituellen Aufwertung der Umgebetteten verbunden. Zu Dracula auf S. 131 lässt sich ergänzen, sein Kopf sei abgeschlagen und in Honig eingelegt zum Sultan nach Konstantinopel gesandt worden und dort auf einer Stange aufgespießt zur Schau gestellt. Die auf S. 45 erwähnten, über das Stadtgebiet verstreuten Sarkophage der oströmischen Kaiser stehen heute teilweise im Archäologischen Museum Istanbul. Dschingis Khan (S. 131) besitzt bei Ordos noch einen Kenotaph. Johann von Luxemburg wurde in Ergänzung der Angaben auf S. 159 im Jahre 1543 in das Kloster Neumünster überführt, 1833 wurden seine Gebeine Friedrich Wilhelm geschenkt und letztlich in die Krypta der Kathedrale von Luxemburg überführt. S. 178 nennt Margarete Maultasch mit ihrem ' zwar bereits zu Lebzeiten, dennoch erst spät verbreiteten ' Beinamen (literarisch ist sie ferner als 'hässliche Herzogin' bekannt). Deutungsvorschläge für Maultasch sind (wahrscheinlich falsch) 'Hure, liederliches Weib' oder aber die Ortsbezeichnung mala tasca ('Mausefalle') nahe ihres Burgsitzes Neuhaus. Oleg auf S. 185 trägt den Beinamen 'der Weise' bzw. 'der Prophet' und war Großfürst von Kiew. Dieses Amt hatte er wohl ab 879 stellvertretend für den Erben Igor inne. Olga auf der nachfolgenden Seite war von 945-969 Großfürstin von Kiew, mit Beinamen 'die Heilige'. Die auf S. 208 erwähnte Inschrift zu Silvester II. ist in einem Pfeiler der Lateranskirche eingelassen. Tarik auf S. 219 ist besser um 'Ibn Ziyad' zu ergänzen, um ihn von andere namensgleichen zu scheiden. Im Glossar sollte 'Anastasis ' Auferstehungs-, Grabeskirche' sowie 'Rotunde ' Rundgebäude mit Zelt- oder Kuppeldach' Aufnahme finden. Dass oft in Personen- oder Ortsnamen 'v' statt 'w' benutzt worden ist (z. B. Kiev statt Kiew, Valachei statt Walachei) ist für eine deutschsprachige, populärwissenschaftliche Veröffentlichung eigenwillig.

Viele der Fotografien sind erkennbar mit Blitz aufgenommen und daher schlaglichtartig ausgeleuchtet. Dies führt zu seltsamen Schattenwürfen (z. B. S. 38, 129) oder zu unausgewogenen hell/dunkel-Kontrasten (z. B. S. 126, 143, 188, 195, 198, 204). Eine Übersichtskarte aller Grablegen wäre für viele Leser sicher hilfreich, ebenso vielleicht Bestattungen über eine Ortsliste zu finden. Eine zeitliche Übersicht über Verstorbene und ihrer Gräber ist vielleicht des Guten zu viel, dennoch findet Rezensent die Idee überlegenswert.

Der Gedanke und die Konzeption eines Buches über die Grabstätten historischer Persönlichkeiten aus Antike und Mittelalter sind reizvoll und gut umgesetzt. Wie Erstauflagen vieler Kunst- und Reiseführer auch, reduzieren sich Fehler und Unstimmigkeiten in den nachfolgenden Ausgaben. Schreibfehler sind dank eines hervorragenden Lektorats nicht aufgefallen. Gespannt darf man auf den angekündigten Band zur frühen Neuzeit sein, denn die Reihe verdient es, mit weiteren Folgebänden Gräber und ihre Toten einem interessierten Leserkreis näher zu bringen.