Pantaleon
Bereinigter diplomatischer Abdruck und Übersetzung

In den letzten Jahren erleben wir das Paradoxon, dass sich einerseits das ' wie auch immer imaginierte ' 'Mittelalter' stetiger und nach einer Phase raschen Anstiegs durchaus auf hohem Niveau etablierten allgemeinen Interesses erfreut, andererseits etwa im universitären germanistischen Kanon immer weiter an Bedeutung zu verlieren scheint. Mag es eventuell noch allgemeinverbindliche Einführungsveranstaltungen mit einer größeren Zahl an Studierenden geben, werden nicht nur vertiefende Veranstaltungen von der Zahl her ausgedünnt, sondern auch der Kreis der Teilnehmenden erscheint eher rückläufig.
Inwieweit dieser Sachstandsbericht mit der vorliegenden Publikation zu verknüpfen ist, wird vielleicht bereits am Untertitel des Büchleins deutlich; die Übersetzung meint nämlich eine Beifügung einer neuhochdeutschen Übertragung, was ' und das ist angesichts der eben angesprochenen Tendenzen nicht unwesentlich ' die Arbeit durch bzw. mit im Normfall gegenüber früheren Studiengenerationen im Hinblick auf die Beherrschung des Mittelhochdeutschen weniger sattelfesten Studierenden erleichtern hilft bzw. diesem Kreis von potentiell Interessierten einen einfacheren Zugang zu Originaltexten ermöglicht. Vor diesem Hintergrund ist es ein dankenswertes Unterfangen des Erich Schmidt-Verlages entsprechende Texte zu publizieren.
Im vorliegenden Band wird die Heiligenvita bzw. die Legende des Pantaleon ediert, die der ' vermutlich vor allem durch seinen 'Trojanerkrieg' bekannte ' Konrad von Würzburg auf Basis einer wohl schon seit der Spätantike bzw. dem früheren Mittelalter tradierten lateinischen Fassung schrieb. Nun sind Editionen mittelhochdeutscher Texte beileibe kein Novum, sondern stehen in einer langen Tradition entsprechender Unterfangen, deren Problematik jedoch in frühen Ausgaben und gerade wenn sie für den Studiengebrauch entstanden sind, darin lag, dass es sich um quasi idealtypisierende Textkorpora handelte, die eben nicht nur eine bestimmte Handschrift mit ihren regionalen Besonderheiten repräsentierten. In jüngerer Zeit wurde von diesem Verfahren immer weiter Abstand genommen, und so ist es im Kontext der 'Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit' quasi selbstverständlich, dass der vorliegende Text nun nicht etwa 'normalisiert' wurde, sondern beispielsweise mundartbedingte Besonderheiten der mittelhochdeutschen Dichtung bzw. ihres Schreibortes bewahrt, so dass ein höherer Grad von Authentizität erreicht wird. Diesem Umstand wird auch insofern konsequenterweise Rechnung getragen, als in einem knappen, aber ausreichenden grammatischen Kommentar niederalemannische Besonderheiten des Textes erschlossen und aufgewiesen werden ' und somit ein Abgleich mit den üblichen mittelhochdeutschen Handbüchern bzw. Grammatiken ermöglicht wird. Diese Art eines quasi 'angeleiteten' Zugangs wird überdies durch das aufschlussreiche Nachwort fortgesetzt, in der nicht nur Person und Werk Konrad von Würzburgs gewürdigt, sondern neben allgemeinen Hinweisen etwa zur Editionsgeschichte auch die Pantaleonslegende vorgestellt und in einen textbezogenen Zusammenhang gestellt wird. Eine adäquate Bibliographie rundet das gelungene Bändchen ab, das nicht nur vornehmlich im auf das Spätmittelalter konzentrierten mediävistischen Bereich von großem Interesse sein dürfte, sondern ' neben der grundsätzlichen Arbeit mit Originaltexten ' insbesondere etwa auch für hagiographisch intendierte Forschungen von großer Relevanz ist.