Legendäre Lexika

'Ich zweifelte, konnte es aber nicht mit Gewißheit sagen. Goethe nahm daher das 'Conversations-Lexicon' und las den Artikel über Byron vor, wobei er nicht fehlen ließ, manche flüchtige Bemerkung einzuschalten.'
Eckermann im Gespräch mit Goethe, 1827

Enthalten sind:
Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch für die in der gesellschaftlichen Unterhaltung aus den Wissenschaften und Künsten vorkommenden Gegenstände mit beständiger Rücksicht auf die Ereignisse der älteren und neueren Zeit. In sechs Bänden, Amsterdam: Im Kunst- und Industrie-Comptoir, 1809. Zwei Bde Nachträge 1809-1811
Damen Conversations Lexikon. Herausgegeben im Verein mit Gelehrten und Schriftstellerinnen von C. Herlosssohn, Bd. 1-10, Leipzig: Fr. Volckmar, 1834-1838.
Herders Conversations-Lexikon. Kurze aber deutliche Erklärung von allem Wissenswerthen aus dem Gebiete der Religion, Philosophie, Geschichte, Geographie, Sprache, Literatur, Kunst, Natur- und Gewerbekunde, Handel, der Fremwörter und ihrer Aussprache etc. etc., Erster Band: A ' Car, Zweite Ausgabe [der unveränd. ersten Auflage], Freiburg im Breisgau: Herdersche Verlagsbuchhandlung, 1857. Zweiter bis Fünfter Bd. 1855-1857.
Pierer's Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart oder Neuestes encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe. Vierte, umgearbeitete und stark vermehrte Auflage, Bd. 1-19, Altenburg: Verlagsbuchhandlung von H.A. Pierer, 1857-1865.
Meyers Großes Konversations-Lexikon. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. Sechste, gänzlich neubearbeitete und vermehrte Auflage. Mit mehr als 16,800 Abbildungen im Text und auf     über 1500 Bildertafeln, Karten und Plänen sowie 160 Textbeilagen. Bd. 1-20: Neuer Abdruck. Leipzig und Wien: Bibliographisches Institut, 1905-1909. [Bislang schon separat erhältlich]

Die ersten Enzyklopädien gab es bereits im Altertum. Plinius der Ältere beendete im Jahr 77 n. Chr. seine 'Naturalis Historia', eine 36-bändige Enzyklopädie des gesamten (überwiegend naturwissenschaftlichen) Wissens seiner Zeit. Er stützte sich dabei auf viele Quellen des römischen Dichters Marcus Terentius Varro, der im ersten vorchristlichen Jahrhundert lebte. Damit waren die Maßstäbe für die nachfolgenden Enzyklopädien gesetzt: sie wollten das gesamte Wissen ihrer Zeit oder eines bestimmten Sachgebietes in systematischer Form zusammenfassen. So setzte sich gegenüber der chronologischen Folge der Geschichtsschreibung oder einer Anordnung nach Sachgebieten im 16. Jahrhundert die alphabetische Form durch.
Das 18. Jahrhundert, die Epoche der Aufklärung, verschaffte der Enzyklopädie den Durchbruch. Das berühmteste enzyklopädische Werk dieser Zeit, die 'Encyclopédie ou Dictionnaire Raisonné des Sciences, des Arts et des Métiers', wurde von Denis Diderot und Jean le Rond d'Alembert zwischen 1751 und 1772 erarbeitet. Als einer der Vorläufer dieses ehrgeizigen Projekts darf sicher das 64-bändige von Johann Heinrich Zedler von 1732 bis 1754 herausgebrachte 'Große vollständige Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste' gelten. Eine wichtige Neuerung der Enzyklopädie von Diderot und d'Alembert gegenüber Zedler war aber die Erweiterung des Bestandes auf technisches Wissen, wie auch überhaupt das Bedürfnis nach einer vollständigen Sammlung alles existenten Wissens mit der die französische Enzyklopädie auf ihrem Höhepunkt angelangt war. Diderots Vorstellung war es, Gelehrten eine ganze Bibliothek zu ersetzen, diesem Anspruch konnten auf dem Wissensstand des 18. Jahrhunderts die sowohl breite Wissensbereiche abdeckenden als auch wissenschaftlich in die Tiefe gehenden Artikel gerade noch gerecht werden.
Als eines der letzten Mammutwerke dieser aufklärerischen Zielsetzung kann ' neben der 167-bändigen und unvollendet gebliebenen 'Allgemeinen Encyclopädie der Wissenschaften und Künste' (1818'1889) von Samuel Ersch und Gottfried Gruber sowie Heinrich August Pierers 'Encyclopädischem Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe' (1824' 1836) ' die 46-bändige erste Auflage von 'Meyers Lexikon' verstanden werden. Sie entstand von 1839 bis 1852 und war im Geiste der Vormärz-Revolution um umfassende politische Aufklärung bemüht. Gleichzeitig markierte sie aber den Übergang zu dem neuen Ansatz der Lexika des 19. Jahrhunderts, die im Vergleich wesentlich weniger umfangreich, dafür aber auf eine allgemein gültigere, breitenwirksamere Darstellung bedacht waren. Joseph Meyer betonte in seinem Vorwort zur ersten Auflage die mit einer 'populären Enzyklopädie' intendierte 'intellectuelle Gleichheit' aller. Mit der Erweiterung der Zielgruppe über die Gelehrtenwelt hinaus ging automatisch eine Reduzierung des Anspruchs auf 'Alles-Wissen' einher: nicht mehr wenige Menschen sollten alles wissen, sondern möglichst viele Menschen viel.
Damit brach die Epoche des 'Konversationslexikons' an, das dem Titel gemäß Wissen für die gebildete Konversation zur Verfügung stellen wollte und somit eine möglichst objektive, vereinfachende und verständliche Darstellung wählte. Die Haltung der Intellektuellen zu dem populären 'Konversationslexikon' läßt sich gut am Beispiel Goethes demonstrieren. In den 'Zahmen Xenien' dichtete er: 'Konversationslexikon heißt's mit Recht, / Weil, wenn die Konversation ist schlecht, / Jedermann / Zur Konversation es nutzen kann.'
Diese Vorbehalte taten jedoch dem Siegeszug der Konversationslexika im 19. Jahrhundert keinen Abbruch. Daß das 19. Jahrhundert das Lexikon populär machte, zeigt sich schon an der Auflagenproduktion der beiden großen Marken, die den Lexikonmarkt weitgehend untereinander aufteilten: des Brockhaus Verlags und des 'Bibliographischen Instituts'.
Drei Jahre nach der Gründung des Verlages Brockhaus im Jahr 1805 erschien das erste Lexikon des Hauses, allerdings noch nicht unter dem Namen 'Brockhaus'. Der junge F. A. Brockhaus erwarb bereits 1805 auf der Leipziger Buchhändlermesse das 1776 begonnene, aber unvollendet gebliebene 'Conversationslexikon mit vorzüglicher Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten' von R. G. Löbel und C. W. Franke. Das Unternehmen war bis dahin ein wirtschaftlicher Mißerfolg gewesen, und so zahlte er eine vergleichsweise harmlose Summe von 1.800 Talern für die sechs Bände. Schon ab 1809 lieferte er den Restbestand unter dem hier vorgelegten Titel 'Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch' aus und ließ 1809 und 1811 die notwendigen Ergänzungsbände folgen. Die 2.000 Exemplare der ersten Auflage waren schnell vergriffen.
Der Schwerpunkt des Werks liegt auf der Erklärung von Begriffen, die für die gebildete Konversation nützlich waren. Neue technische Fach-Begriffe werden ebenso erläutert wie im 19. Jahrhundert übliche französische Benennungen und deren richtige Aussprache. Damit war dieses Konversationslexikon ein praktisches Wörterbuch für den gesellschaftlichen Umgang; heute bietet es interessante Einblicke in die Gesellschaft der Salons und Empfänge.
Das 'Conversations-Lexikon' bildete bis heute den Grundstein für 200 Jahre erfolgreicher Verlagsgeschichte. Allein im 19. Jahrhundert erschienen insgesamt 14 Auflagen des Brockhaus'schen Konversationslexikons in schneller Folge, im 20. Jahrhundert bis 1994 folgten nur noch fünf weitere, diese unter dem neuen Titel 'Der Große Brockhaus'. Die meisten Ausgaben umfaßten etwa 15 Bände.
Die früheste große Konkurrenz erwuchs Brockhaus durch die Gründung des Verlagshauses Pierer, das mit dem oben erwähnten 'Encyclopädischen Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe' sein erstes großes Lexikon vorlegte. Dort präsentierten mehr als 220 Gelehrte das Wissen der auch technisch-wissenschaftlichen Welt. Mit 26 Bänden lag das 1821 begonnene Projekt vierzehn Jahre später vollständig vor und mußte wegen der großen Nachfrage gleich darauf nachgedruckt werden. Karl May informierte sich mit ihm.
Ab 1840 erschien das 'Universal-Lexicon der Gegenwart und Vergangenheit oder neues encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe' in einer völlig neubearbeiteten Auflage. Der auf 34 Bände erhöhte Umfang des Gesamtwerkes ist ein Indikator sowohl für den Fortschritt in Technik und Wissenschaft, aber auch für den ausgeweiteten Begriff dessen, was der Aufnahme würdig galt. Die gut 17.000 Seiten waren in sechs Jahren zusammengetragen ' vor dem Internet eine logistische, wissenschaftliche und auch verlegerische Meisterleistung, die 1847 komplettiert wurde. Darauf folgende Ergänzungsbände und Jahrbücher versuchten, Schritt mit der nun auch politisch beschleunigten Entwicklung zu halten. Doch das erfolgreiche Unternehmen fand beispielsweise in der Neugründung des Meyer'schen Verlagshauses und dessen noch umfangreicherem 'Großen Conversations-Lexicon für die gebildeten Stände' Nachahmer. Bittersüß klagt denn auch das Vorwort der 2. Auflage des 'Pierer', daß dieses Konkurrenzunternehmen sich 'gerade den mühsamsten und schwierigsten Teil' erspart habe, indem es das Register der Stichwörter zum Vorbild nahm. Dennoch konnte Gustav Schwab ('Die schönsten Sagen des klassischen Altertums') feststellen, der 'Pierer' sei 'das reichhaltigste Conversationslexicon, welches die Thatsachen mit einer Vollständigkeit, wie sich nur irgend erwarten läßt' biete.
Zwischen 1821 und 1894 ist der 'Pierer' in unterschiedlichsten (sieben) Auflagen und Umfängen zunächst innerhalb der Verlegerfamilie Pierer erschienen. Das Ende dieses Marksteins der Lexikographie ('Noch die 11. Auflage des Brockhaus-Konversationslexikons sieht gegen dieses Werk unmodern und rückschrittlich aus', schreibt der Enzyklopädien-Forscher Martin Peche) ist wohl darin zu suchen, daß die Konkurrenz in Marketing und Vertrieb besser zu brillieren wußte.
Zur Digitalisierung wurden die 19 Bände der vierten 'umgearbeiteten und stark vermehrten' Auflage (1857 bis 1865) des Pierer herangezogen, die das Werk in seiner vollen Entwicklung präsentieren. Seine über 200.000 Stichwörter zeigen ein grandioses und dabei ' anders als etwa das katholische ' Conversations-Lexikon' von Herder (1854 bis 1857) ' weltanschaulich nicht gebundenes Panorama aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, an dem schließlich etwa 300 Gelehrte mitschrieben.
 Unter dem Motto 'Bildung für Alle' gründete Joseph Meyer 1826 das Bibliographische Institut. Ab 1839 erschien dort 'Das große Conversations-Lexicon für die gebildeten Stände', mit seinen 46 Bänden noch darauf bedacht, mehr Ausführlichkeit als die Brockhaus'sche Konkurrenz zu bieten. Erst Joseph Meyers Sohn Herrmann Julius Meyer empfand den Umfang der ersten Auflage als Mangel und gab von 1857 bis 1860 ein 'Neues Konversationslexikon für alle Stände' heraus, ein deutliches Signal hin zu einer neuen Ausrichtung der Meyer'schen Lexikographie. Mit nur fünf Auflagen im 19. Jahrhundert stand Meyer der Brockhaus'schen Lexikonproduktion um einiges nach, seine Auflagen waren jedoch mit teilweise über 200.000 Exemplaren weit höher als die der Firma Brockhaus, die ihre erste bis zehnte Auflage insgesamt 300.000 Mal absetzte.
Die sechste Auflage von 'Meyer's Großem Konversations-Lexikon', die in dieser Sammelausgabe legendärer Lexika nicht fehlen darf, ist 100 Jahre alt. Sie erschien von 1902 bis 1909. Bereits ab 1905 wurden Neuauflagen der ersten Bände notwendig. In den Folgejahren wurden vier Supplementbände angegliedert, und von 1916 bis 1920 folgten drei Kriegsnachträge. Mit rund 155.000 Stichwörtern auf ca. 23.000 Seiten war dieses Lexikon in seiner Zeit ein herausragendes Mammutunterfangen. Das Ergebnis ist ein bis heute gültiges Standardwerk zu den technischen, naturwissenschaftlichen und sozialen Entwicklungen im 19. Jahrhundert, die in jeder Hinsicht richtungsweisend für das 20. Jahrhundert waren. Man merkt, daß dieses Lexikon in einem jüdischen Verlagshaus produziert wurde; die einschlägigen Artikel wehren sich prinzipiell gegen den um 1900 grassierenden Antisemitismus.
Eine Folge der kleineren parallel erscheinenden Lexikonformen war die Rückbesinnung der Herausgeber großer Lexika auf einen Teil des im 18. Jahrhunderts proklamierten Anspruchs: sie strebten nach wissenschaftlicher Anerkennung. So schreibt der Herausgeber der hier vorliegenden sechsten Auflage des 'Großen Konversationslexikons' in seinem Vorwort:
'Diese unablässige Arbeit hat uns die Genugtuung verschafft, daß selbst die streng abgeschlossenen Kreise der Gelehrten, die sonst mit vornehmer Geringschätzung auf die Popularisierung der Wissenschaften herabsahen, sich dem Konversations-Lexikon geöffnet haben, weil seine Universalität in der gleichmäßigen Berücksichtigung aller Zweige des menschlichen Wissens, seine Zuverlässigkeit, die peinliche Ordnung in seiner Organisation und die Möglichkeit rascher Orientierung in dem Labyrinth unsers geistigen Schaffens auch dem Spezialisten der Wissenschaft volle Achtung abgerungen haben.'
Bereits durch den gegenüber früheren Auflagen deutlich erhöhten Umfang von 20 Bänden macht sich hier die wiedergewonnene Sehnsucht nach Vollständigkeit und Universalität bemerkbar. Zwar konnte die Zielsetzung nicht mehr ' wie noch im 18. Jahrhundert ' die Zusammenfassung allen Wissens sein. Durchaus sollte aber die sechste Auflage alle vorausgehenden überwinden und eine Art Schlußstrich unter die im 19. Jahrhundert angesammelten wissenschaftlichen Errungenschaften setzen. Dies zeigt sich auch an der Schwerpunktverschiebung der Artikel hin zu technischen und naturwissenschaftlichen Themen, die Meyer selbst erläutert: 'Denn das Konversations-Lexikon soll nicht bloß eine systematische Aufspeicherung unsers wissenschaftlichen Gesamtbesitzes sein, sondern es soll auch den Geist und die herrschende Strömung der Zeit, in der es entstanden ist, widerspiegeln. Im 19. Jahrhundert sind Naturwissenschaft und Technik die führenden Mächte gewesen, und zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind noch keine Anzeichen dafür zu erkennen, daß jene ihre Führerrolle ausgespielt haben, wenn auch allerwärts neue ethische und ästhetische Interessen nach Geltung drängen.'
War der 'Meyer' das fortschrittlichste Projekt im 19. Jahrhundert, so wird 'Herders Conversationslexikon' im allgemeinen als eines der konservativsten bewertet. Vor allem als Gegenstück zum 'Kleineren Brockhaus'schen Conversations-Lexikon für den Handgebrauch' konzipiert, war es in Reaktion auf die Märzrevolution bewußt dem Geist der Gegenaufklärung und einer traditionell-katholischen Geisteshaltung verpflichtet.
Einen besonderen Fall stellt das dieser Sammlung ebenfalls beigefügte, von 1834 bis 1838 erschienene 'Damen Conversations Lexikon' von Carl Herloßsohn dar. Unfreiwillig ' und deshalb umso authentischer ' gibt es Aufschluß über die eingeschränkte Stellung der Frau zu Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Themenauswahl ist lückenhaft: während Mythologie, Geschichte, Musik und Religion mit großem Detailreichtum behandelt werden, sucht man vergeblich nach Stichwörtern über den menschlichen Körper. Auch originär weibliche Themen wie Schwangerschaft und Geburt werden komplett ausgespart, die Fortpflanzung findet lediglich in dem Stichwort 'Fortpflanzung der Blumen' Erwähnung. Dafür legt das Lexikon ' wie es in der Vorbemerkung heißt ' Wert auf eine 'romantische Darstellung' der historischen Stoffe und ist bemüht, 'die verschiedenen, dem weiblichen Geschlechte ausnahmsweise eigenen Ansprüche und Bedürfnisse' zu befriedigen. So erzählt das 'Damen Conversations Lexikon' mehr über das Verhältnis der Geschlechter vor der Frauenbewegung als manche historische Studie.
Hören wir in den Artikel zu Goethe hinein ['im 15. Jahre von stürmischer Liebe bedrängt']: 'Göthe, Johann Wolfgang von. Hoch über alle Erscheinungen irgend einer Literaturgeschichte hinaus ragt der Geist, den die Welt den Einzigen nennen sollte, da sie den Namen des Großen an so Viele verschwendet hat, der Genius, dessen Sonnenflug alle Felder geistiger Thätigkeit überschwebte und in allen gleich Vollendetes leistete. Auf den Höhen des Lebens, der beglücktesten Sterblichen Einer, über Zeit und Geschichte erhaben, weilte er unter uns, ein ewiger Jüngling, auf dem der Segen der Muse ruhte, an dem die Bewunderung der Mitwelt ihren herrlichsten Gegenstand fand. [...] seine Natur hatte die Vollendung der Antike mit der Reflexion der lebendigen Schönheit in sich vereinigt; sie verklärte alles Wahre zum Schönen und jenes Talent, selbst im Unscheinbaren den Zauber der Darstellung schimmern zu lassen, ging auf Leben und Kunst über. Daher die unglaubliche Wirksamkeit seiner Romane auf den gesellschaftlichen Zustand Deutschlands, indeß seine Dramen den Sinn einer künstlerisch klarsten Ausprägung des innern Stoffs in der äußern Form erweckten. Durch alle seine Perioden aber zieht sich, wie ein Silberfaden die Lyrik, worin sein Name der unzerstörbare Typus geworden ist, während die Lieder selbst, die blühenden, unvergeßlichen, in Aller Mund und Herzen leben.'
Die heutigen Lexika tilgen vermeintlich veraltetes Wissen. Damit beantwortet sich die Frage nach der gegenwärtigen Bedeutung alter Lexika von selbst: Mit einem aktuellen Lexikon wird vergangenes Wissen nur lückenhaft abgedeckt. Die Enzyklopädien der verschiedenen Epochen (deutscher) Geistes- und Wissenschaftsgeschichte können deshalb gewissermaßen als 'Fortsetzungsbände' begriffen werden. Die Lexika der vergangenen Jahrhunderte sind keineswegs nutzlos geworden, sondern sie sind sogar die einzigen heute verbliebenen Quellen für zeitgenössische Bildung des 18. und 19. Jahrhunderts.
Die Bewahrung der wertvollen Kulturdenkmäler, die das Denken breiter Bevölkerungsschichten vergangener Jahrhunderte geprägt haben, lag bisher allein bei Bibliotheken, Antiquariaten und Sammlern. Aber nur die digitale Archivierung kann diese Quellen erstens dauerhaft bewahren und zweitens für jeden privat nutzbar machen. Die Digitale Bibliothek leistet mit ihrer rühmenswerten Edition einen unverzichtbaren Beitrag zur Erinnerungskultur.