Der Heilige Krieg der Barbaren
Die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber

'Krieg' und 'Kreuzzug' sind (leider immer noch) beliebte Schlagworte, sucht man sich aus einer (vermeintlichen) Ungerechtigkeit zu befreien und dafür über nationale Empfindungen Menschen zu sensibilisieren. Dies ist in der arabischen Welt, wo der Befreiungskrieg als 'Heiliger Krieg' genauso verbreitet ist wie derzeit der 'Kreuzzug gegen den Terrorismus' Amerikas z.B. gegen den Irak, nicht anders als in den Ländern westlicher Prägung.
Der Ursprung liegt im ersten großen Aufeinandertreffen des Okzidents mit dem Orient im 11. Jahrhundert, der die Franken weit in den Nahen Osten geführt und vordergründig die 'Befreiung' Jerusalems zum Ziel hat. Der eurozentristischen Sicht Europas hat der in Paris lebende und arbeitende Amin Maalouf, arabischer Christ aus dem früher weltoffenen (und friedlichen) Libanon essayhaft die muslimische Perspektive entgegengesetzt. Mehrere Quellen hat er eingearbeitet und kann so ein rund zweihundert Jahre umfassendes Bild der fränkischen Eroberung zeichnen. Die Zerstrittenheit der verschiedenen Emirate ist genauso Thema seiner Darstellung wie die z.T. unmenschlichen Greuel der Invasoren.
Für den eine Einführung in das Thema suchenden Leser ist der Band sowohl vom Umfang wie auch von der Aufbereitung der Texte her sehr zu empfehlen. Leicht lesbar, kurzweilig, versteht es Maalouf darzustellen, was die arabische Welt trennte und damit den Boden zur Eroberung bereitete, was sie später wieder verband und damit den Grundstein legte, die europäischen Eindringlinge zurückzuwerfen; nicht ohne anschließend neuen Gefahren ausgesetzt zu sein.
Saladin wie auch Friedrich II. sind über ihre Epoche hinaus bedeutende Persönlichkeiten, die genügend Material für eine spätere Mystifizierung geboten haben, deren Ursprung eben in dieser Zeit zu suchen ist. Über das Phänomen der Kreuzzüge hinaus ist der Band ebenso für den kulturwissenschaftlich Interessierten eine Fundgrube; das französische Original ist hervorragend übersetzt und hat viel von seiner ausufernden Schilderung bewahrt, was dem Orientalisch-Märchenhaften vieler im Text zitierten Quellen sehr zugute kommt.