The Oxford History of Ancient Egypt

Wieder einmal ist eine Geschichte des Alten Ägyptens auf dem Buchmarkt erschienen - diesmal in englischer Sprache -, und schon die Auswahl der Autoren zeigt die bewährte Qualität und Tradition Oxforder Publikationen. Nach einer Einleitung von I. Shaw, die den Leser mit den Grundkonstituenten ägyptischer Kultur und Lebensäußerungen sowie den Besonderheiten dieser ältesten Hochkultur vertraut macht, wird in einem ersten Exposé die vorpharaonische Zeit im Bereich Nordostafrikas behandelt, bis mit der Kulturformation Badari die Ursprünge der ägyptischen Kultur erreicht sind (S. 17 - 43). Zwei weitere Kapitel beschäftigen sich mit der Frühgeschichte und den ersten Dynastien Ägyptens (S. 44 - 88). Und dies zurecht, nahm diese Periode doch während der letzten Jahrzehnte durch neue spektakuläre Funde im Bewußtsein der Forschung und Öffentlichkeit einen hohen Stellenwert ein. So wird hier eine gute Übersicht über die frühen Entwicklungen der pharaonischen Kultur gegeben, von denen viele durch ihr weiteres Bestehen hindurch fortwirken. Neben den Abschnitten der drei großen 'Reiche' (Altes, Mittleres, Neues Reich), die alle in extenso und mit profunder Kenntnis auf allen Gebieten der Kulturäßerungen durch die verschiedenen Experten behandelt werden, widmet sich die Oxford History ganz besonders den sogenannten 'Zwischenzeiten', den 'dark ages' der ägyptischen Geschichte. S. Seidlmayer vermittelt ein eindrucksvolles Bild der durch Innovationen geprägten Ersten Zwischenzeit, die auf den Untergang des großartigen Zeitalters der Pyramiden folgte (S. 118 - 147). J. Bourriau vermag die fast noch spärlicheren archäologischen Zeugnisse der Zweiten Zwischenzeit in Verbindung mit den überlieferten Texten so überzeugend auszuwerten, daß jedem Leser die archäologische Relevanz selbst anscheinend unbedeutender, zerbrochener Keramikscherben einleuchtet
(S. 184 - 217). Ganz anders wieder stellt sich die Dritte Zwischenzeit aus der Feder J. Taylors dar, ist sie doch vornehmlich durch die Herrschaft von Fremden (Libyern, Nubiern) geprägt und zeigt daher andere Züge in der ägyptischen Gesellschaft als zuvor (S. 330 - 368). Die letzten drei Kapitel sind den letzten Jahrhunderten pharaonischer Geschichte gewidmet. Die sogenannte Spätzeit sieht noch einmal Ägypter über das Land am Nil herrschen (S. 369 - 394), bevor es unter den Ptolemäern zum blühendsten und erfolgreichsten hellenistischen Staat der Mittelmeerwelt avanciert (S. 395 - 421) und unter der folgenden römischen Herrschaft zur Provinz 'verkommt', allerdings der bedeutendsten für die Lebensmittelversorgung Roms (S. 422 - 445).

Somit liegt dem Fachmann wie dem interessierten Laien hier ein Geschichtswerk vor, das auf dem neuesten Stand der Forschung ist, das in verständlicher Weise auch komplizierte Zusammenhänge darzustellen vermag, das keine 'einfache' (und langweilige) Ereignisgeschichte reproduziert, sondern Beziehungen zwischen allen Lebensbereichen einer Kultur offenlegt und die dahinter liegende Geisteshaltung zu ergründen sucht. Zu bedauern ist das Fehlen von Fußnoten, die nur teilweise durch die weiterführende Literaturangaben am Ende des Buches kompensiert werden, zumal diese eher für ein englischsprachiges Publikum zugeschnitten sind. Insgesamt aber ist dieser Band eine lohnenswerte Anschaffung, die in keinem Bücherregal fehlen sollte.